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Digitale-Dienste-Gesetz: EU-Parlament erwägt offenbar Netzsperren

Im EU-Parlament liegt offenbar ein Vorschlag für Netzsperren gegen illegale Inhalte auf dem Tisch. Sie sollen im Digitale-Dienste-Gesetz verankert werden, dem „Plattformgrundgesetz“ der Europäischen Union, über das derzeit das Parlament berät. Ein entsprechender Vorschlag soll sich in Kompromissvorschlägen der dänischen Abgeordneten Christel Schaldemose befinden, die als Berichterstatterin des Parlaments das Gesetz auf entscheidende Art mitgestaltet. Das berichtete der Tagesspiegel Background am heutigen Montag.

Das Digitale-Dienste-Gesetz soll europaweit einheitliche Regeln dafür schaffen, wie Online-Dienste mit illegalen Inhalten umgehen sollen. Gelten sollen die Regeln für große Anbieter wie für kleine Websites gleichermaßen. Ein Vorschlag, den Schaldemose im Juni vorlegte, erinnerte an das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Illegale Inhalte, die die öffentliche Sicherheit oder Gesundheit schwer gefährden könnten, sollen innerhalb von 24 Stunden aus dem Internet verschwinden. Für die Entfernung sonstiger illegaler Inhalte sollen Online-Dienste eine Woche Zeit haben.

Wenn die Plattformen nicht fristgerecht tätig werden, sollen die Aufsichtsbehörden harte Instrumente in die Hand bekommen. In bisherigen Vorschlägen war von Geldstrafen oder gar dem Verlust der Haftungsfreiheit für einen Online-Dienst die Rede. Der Vorschlag, über den nun der Tagesspiegel Background berichtet, sieht außerdem vor, dass die Aufsichtsbehörden Providern anordnen können, Webseiten und Apps mit einem Warnhinweis zu versehen, sie zu entfernen oder zu sperren, wenn die Gefahr eines „schwerwiegenden Schadens“ drohe. Der Text erlaube explizit, einzelne Domains zu sperren oder auf die zuständige Behörde umzuleiten. Bei welcher Art von Verstößen das der Fall sei, gehe aus dem vorliegenden Dokument aber nicht hervor, heißt es.

Umstrittenes Instrument

Die Idee der Netzsperren war zunächst im Rechtsausschuss des EU-Parlaments aufgekommen, der beratend am Digitale-Dienste-Gesetz beteiligt ist. Dort hatten die Abgeordneten vor allem illegales Sport-Streaming im Blick, das Instrument lässt sich jedoch auf beliebige Inhalte ausweiten. In Deutschland ist beispielsweise seit Anfang des Jahres die „Clearingstelle Urheberrecht im Internet“ aktiv, um DNS-Sperren gegen das Urheberrecht verletzende Online-Angebote umzusetzen. Solche Sperren sind stark umstritten, da sie aus Sicht von Netzfreiheitsaktivist:innen als Zensurinfrastruktur missbraucht werden können.

Im EU-Parlament gehen die Beratungen über das Digitale-Dienste-Gesetz vorerst weiter. Eine Debatte über die Kompromissvorschläge Schaldemoses, die für heute im zuständigen Binnenmarktausschuss angesetzt war, wurde verschoben. Grund dafür dürfte auch der Auftritt von Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen sein, die heute am späten Nachmittag über ihre Enthüllungen sprechen wird. Die Beratungen im Ausschuss rund um das Digitale-Dienste-Gesetz könnten sich dem Vernehmen nach bis in den Januar ziehen.

Unklar bleibt zunächst, ob der umstrittene Vorschlag für Netzsperren es in die endgültigen Kompromissvorschläge schafft. Diese werden von der dänischen Sozialdemokratin Schaldemose und den Berichterstattern der anderen Fraktionen gemeinsam ausgearbeitet – Dinge, die es in den endgültigen Text schaffen, landen mit großer Wahrscheinlichkeit in der gemeinsamen Position des EU-Parlamentes. Das Parlament verhandelt im Anschluss mit der Kommission und dem Rat der EU-Staaten über eine endgültige Fassung des Gesetzes.


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