Ticker

6/recent/ticker-posts

Ad Code

Responsive Advertisement

Digital Services Act: HateAid startet internationale Petition gegen digitale Gewalt

Schwarz-weiß Aufnahme von Laptop und Händen einer damit arbeitenden Person

Geleakte Nacktbilder, Vergewaltigungsdrohungen und Hatespeech: Digitale Gewalt bedroht Frauen, Mädchen und Minderheiten im Netz. Jede zweite Frau in Europa soll der Betroffenenorganisation HateAid zufolge schon einmal digitale Gewalt in sozialen Netzwerken erlebt haben. Solche Erfahrungen im Netz können für Betroffene schwerwiegende Folgen haben. Der Weltmädchenbericht 2020 „Free to be Online“ des Kinderhilfswerks Plan International hat etwa gezeigt, dass sich 42 Prozent der Betroffenen aufgrund von digitalen Attacken mental, 24 Prozent sogar phyisch beinträchtigt fühlten. Das führt oft dazu, dass sie Online-Dienste seltener nutzen oder sich ganz aus dem Internet zurückziehen.

Dagegen will HateAid nun mit der internationalen Petition „Stoppt digitale Gewalt gegen Frauen! #makeitsafe“ vorgehen. Darin fordert die Betroffenenorganisation zusammen mit elf europäischen Partnerorganisation, das Netz zu einem sichereren Raum für Mädchen und Frauen zu machen. Mit der Petition richtet sich HateAid insbesondere an Abgeordnete im EU-Parlament, die derzeit über den Gesetzesentwurf der EU-Kommission zum Digital Services Act (DSA) beraten. Dieser soll unter anderem den Umgang mit illegalen Inhalten vereinheitlichen und zugleich die Grundrechte von Nutzer:innen digitaler Dienste stärken.

Forderung nach strengerem Vorgehen gegen digitale Gewalt auf EU-Ebene

Den Initator:innen von #makeitsafe gehen diese Vorschläge nicht weit genug. Vor allem die Position von Betroffenen von digitaler Gewalt kommt ihrer Meinung nach im aktuellen Gesetzentwurf noch zu kurz: „Die EU-Politiker*innen haben jetzt mit dem DSA die einmalige Chance, klare Regeln für den Schutz vor digitaler Gewalt gesetzlich zu verankern. Bisher haben sie das nicht getan und lassen Frauen und Mädchen damit systematisch schutzlos“, so die Geschäftsführerin der Initiative Anna-Lena von Hodenberg. Das soll sich, wenn es nach den Unterzeichner:innen geht, nun auf EU-Ebene ändern. Neben strengeren Maßnahmen gegen Missbrauch von Nacktbildern setzt sich die Petition auch dafür ein, dass Online-Plattformen stärker in die Pflicht genommen werden, gemeldete illegale Inhalte tatsächlich zu löschen.

Außerdem soll es in Zukunft mehr Anlaufstellen von Seiten der Plattformbetreiber:innen geben, an die sich Betroffene im Ernstfall wenden können. Hasskommentare können zwar bereits bei zahlreichen Online-Dienste über die Meldefunktion signalisiert werden – auf eine Reaktion warten Betroffene zuweilen aber vergeblich. Das zeigt auch eine aktuelle Analyse zur deutschen Bundestagswahl von HateAid in Zusammenarbeit mit der Organsation Reset: jeder dritte Kommentar, der rechtswidrig gewesen sein soll, wurde trotz Meldung nicht auf der Facebook-Seite gelöscht.

Zudem fordern HateAid und seine Partner mit der Petition ein größeres Maß an Entscheidungsgewalt für Nutzer:innen. Automatisierte Empfehlungssysteme verleihen digitalem Hass und skandalisierten Beiträgen oft eine besonders hohe Sichtbarkeit – zum Leid der Betroffenen. Mehr Selbstbestimmung über Inhalte, die Nutzer:innen auf Sozialen Medien angezeigt werden, könne folglich auch der algorithmisch geförderten Reichweite von Hatespeech entgegenwirken. Auch was die rechtlichen Mittel angeht, um gegen digitale Gewalt vorzugehen, sieht HateAid noch Nachholbedarf. Bisher waren Rechtsverfahren sehr kostspielig und von einer betroffenen Einzelperson unmöglich alleine zu stemmen. Eine Senkung der Prozesskosten für Betroffene und erleichterter Zugang sollen die Position der Betroffenen nun stärken.

Einige der Forderungen sind in netzaktivistischen Kreisen durchaus umstritten. So könnten zu kurze Löschfristen zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit im Netz führen, da die Online-Anbieter im Zweifel zu viel als zu wenig löschen könnten. Zudem sollen die Anbieter weiterhin im ersten Schritt selbst entscheiden, welche Inhalte legal sind und welche nicht. Zugleich zeigen aber Untersuchungen immer wieder: Digitale sexualisierte Gewalt ist eine Bedrohung, die Frauen, die LGBTQI*-Community und andere Minderheiten davon abhält, das Internet gleichberechtigt zu nutzen, weshalb es eine bessere Regulierung braucht.

Prominente Unterzeichner:innen

Neben der deutschen Initative Anna nackt, die sich für Betroffene einsetzt, von denen Nacktbilder auf Porno-Seiten gepostet wurden, zählen neben weiteren europäischen Initativen gegen Hass und Gewalt auch die neuen deutschen medienmacher*innen und die Vernetzungsstelle gegen Hatespeech, Das NETTZ, zu den Unterstützer:innen der Petition. Auch Initiativen aus Portugal, Dänemark und Frankreich haben sich beteiligt. Seit ihrem Start vor knapp einer Woche zählt #makeitsafe über 7.000 Unterschriften. Unter den Erstunterzeichner:innen finden sich auch prominente Namen. Neben der Klimaaktivistin Luisa Neubauer haben unter anderem die Rapperin Shirin David und die Grünenpolitikerin Renate Künast die Petition unterzeichnet. Sie haben in der Vergangenheit selbst digitale Gewalt im Netz erfahren.


Hilf mit! Mit Deiner finanziellen Hilfe unterstützt Du unabhängigen Journalismus.

Enregistrer un commentaire

0 Commentaires