Trotz erheblicher Bedenken von Pressefreiheitsorganisationen wollen Deutschland, Frankreich und weitere Staaten ein geplantes EU-Gesetz ändern, um Geheimdiensten die Überwachung der Presse mit Staatstrojanern zu ermöglichen. Das hat der Rat nun beschlossen.
Der Rat der EU-Staaten hat heute seinen Entwurf für das geplante Europäische Medienfreiheitsgesetz beschlossen. Darin hat der Rat den vorgesehenen Schutz von Journalist:innen vor staatlicher Überwachung deutlich abgeschwächt. Nach dem Vorschlag der Kommission sollte das Gesetz eigentlich europaweit ein weitgehendes Verbot von Überwachungsmaßnahmen, Inhaftierung und Beschlagnahmungen gegen Journalist:innen zur Ausforschung ihrer Quellen einführen. Auch sollte es demnach ein explizites Verbot der Überwachung von Journalist:innen mit Staatstrojanern festschreiben.
Mit ihrem Gesetzesvorschlag reagiert die EU-Kommission auf Enthüllungen über den massiven Einsatz von Staatstrojanern wie Pegasus gegen Journalist:innen und Oppositionspolitiker:innen in mehreren EU-Staaten, darunter Ungarn, Polen, Griechenland und Spanien. Immer wieder wurde das staatliche Hacking mit der „nationalen Sicherheit“ begründet. Wie netzpolitik.org und Investigate Europe am Wochenende berichteten, hat der Rat in seinem Textentwurf mit Unterstützung von Frankreich, Deutschland und weiteren Ländern für solche Überwachungsmaßnahmen eine Blanko-Ausnahme für „nationale Sicherheit“ festgeschrieben. Dieser Entwurf wurde heute mit geringfügigen Änderungen beschlossen.
„Einsatz von Staatstrojanern gegen Journalist:innen legalisiert“
Der Vorschlag der EU-Staaten sorgt für Empörung in der Zivilgesellschaft. Der Europäische Journalistenverband warnt, die Blanko-Ausnahme und andere Textänderungen machten aus dem Medienfreiheitsgesetz eine „leere Hülle“. Ein offener Brief von 65 Pressefreiheits- und Grundrechteorganisation warnt, der Ratstext werde „den Einsatz von Staatstrojanern gegen Journalist:innen legalisieren“. Skandale wie der Einsatz von Pegasus gegen Journalist:innen in Ungarn seien in einer demokratischen Welt nicht hinnehmbar.
Die Bundesregierung hat im Vorfeld des Ratsbeschlusses ihre Position verteidigt und betont, sie wolle keinesfalls „die Ausspähung von Journalisten […] legalisieren“. Die Blanko-Ausnahme solle lediglich sicherstellen, dass die Kompetenzen der Mitgliedsstaaten „im Bereich der nationalen Sicherheit unberührt bleiben.“ Allerdings verweisen Pressefreiheitsorganisationen darauf, dass die Blanko-Ausnahme Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs ignoriere, nachdem beim Schutz der nationalen Sicherheit auch Grundrechte wie Pressefreiheit gewahrt werden müssten.
Der Rat der EU-Staaten muss sich nun mit dem EU-Parlament und der Kommission auf eine endgültige Version des Medienfreiheitsgesetzes einigen. Das Parlament hat bislang keine eigene Position beschlossen.
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