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Neues EU-Gesetz: Warum alle Handys eine USB-C-Buchse kriegen sollen

USB-C - ein Standard für alle

Mehr als ein Jahrzehnt nach der ersten Ankündigung möchte die EU-Kommission nun endgültig einheitliche Ladeanschlüsse für alle Handys durchsetzen. Der neue Standard USB-C soll zugleich für andere elektronische Geräte wie Tablets, Kopfhörer und tragbare Videospielkonsolen gelten. Dadurch werde die Nutzung bequemer und es werde Elektroschrott durch alte Ladegeräte eingespart, sagt die EU-Kommission.

Gewehrt hatte sich gegen einen einheitlichen Standard vor allem Apple. Der Konzern verbaut in seine iPhones als einziger großer Handy-Hersteller keine USB-Anschlüsse, sondern seine Eigenentwicklung Lightning. Dadurch verdient der Konzern mit dem Verkauf eigener Ladegeräte und Lizenzen an Dritthersteller. Apple hatte Versuche, einheitliche Ladeanschlüsse für alle Handys einzuführen, als Innovationshemmnis kritisiert.

„Wir haben der Industrie genug Zeit für eigene Lösungen gegeben, nun ist Zeit für gesetzliches Handeln“, sagte EU-Kommissarin Margrethe Vestager. Dem Gesetzesvorschlag der Kommission müssen nun Rat und Mitgliedsstaaten zustimmen, danach haben Hersteller 24 Monate Zeit für die Umsetzung.

Apple Lightning
Apple Lightning - CC-BY 2.0 William Warby

Um tatsächlich Elektroschrott einzusparen, will die EU-Kommission auch vorschreiben, dass neue Handys ohne beigelegte Ladegeräte verkauft werden – das soll Nutzer:innen motivieren, alte Geräte länger zu nutzen. Umweltorganisationen glauben, dass auf diese Art rund 29.000 Tonnen Elektromüll im Jahr eingespart werden kann – das entspräche dem 70-fachen Gewicht der Internationalen Raumstation ISS.

Dem Kabelsalat ein Ende zu bereiten, sei längst überfällig gewesen, kommentiert die deutsche EU-Abgeordnete Anna Cavazzini von den Grünen, die dem Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments vorsitzt. Elektroschrott sei der am schnellsten wachsende Müllberg in der Europäischen Union – die nun vorgeschlagenen Maßnahmen könnten für dessen Vermeidung einen „riesigen positiven ökologischen Effekt“ haben.

Apple zeigte sich hingegen auf Anfrage von netzpolitik.org über den Vorschlag unglücklich. Der Vorschlag der Kommission sei einer, der „Innovation eher behindert als fördert“, schrieb uns ein Firmensprecher. Der kalifornische Hersteller will nun an einer Lösung arbeiten, die „die Interessen der Verbraucher:innen schützt und die Innovationsfähigkeit der Branche erhält, sodass sie den Nutzer:innen spannende neue Technologien bietet kann“.

Apple macht sein eigenes Ding

Bereits 2009 hatte die EU-Kommission erstmals ein einheitliches Ladegerät angekündigt, dass den Wildwuchs verschiedener Anschlüsse bei den noch neuen Smartphones beenden sollte. Damals setzte Brüssel auf freiwillige Übereinkünfte mit den Herstellern. Tatsächlich führten beinahe alle großen Anbieter – von Samsung und Nokia bis Huawei – bald USB-Anschlüsse ein. Apple unterwanderte die Einigung allerdings und stellte 2012 mit Lightning ein eigenes Patent für Ladeanschlüsse vor, dass seither etwa in einer Milliarde Geräte verbaut wurde.

EU-Kommissar Günter Verheugen
2009 versprach EU-Kommissar Günter Verheugen ein einheitliches Ladegerät - Alle Rechte vorbehalten European Union

Jahrelang konnte sich die EU-Kommission nicht dazu durchringen, etwas gegen Apples Weigerung zu unternehmen – ein verpflichtender Standard für alle Geräte ließ trotz vieler Beratungen auf sich warten. Das sorgte für Ärger im EU-Parlament – auf Druck der Abgeordneten gab die Kommission vor zwei Jahren eine neue Studie in Auftrag. Diese erschien vor wenigen Wochen und bestätigte neuerlich, dass ein Maßnahmenkatalog zur Vereinheitlichung von Ladegeräten klare Umweltvorteile bringt.

In Brüssel gibt es freilich bereits weiterführende Überlegungen. In internen Dokumenten der Kommission, die netzpolitik.org zu Jahresanfang veröffentlichte, war von einer möglichen Vereinheitlichung der Ladeanschlüsse bei den meisten Haushaltsgeräten die Rede – vom 60-Zoll-Fernseher bis zu Mixern, Toastern und Bohrmaschinen. Das könnte durch eine Reform der Ökodesign-Richtlinie geschafft werden, die die EU-Kommission in ihren Plänen für eine „Kreislaufwirtschaft“ angekündigt hat. Ein Vorschlag dafür soll bis Jahresende vorliegen.

Laut nachgedacht wird von der EU-Politik auch über ein „Recht auf Reparatur“. Dies soll eine Verpflichtung einführen, Geräte leichter reparierbar zu machen und verhindern, dass Hersteller wie Apple gegen unabhängige Reparaturwerkstätten klagen. Das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten haben sich für Reparaturrechte ausgesprochen. Es liegt nun an der Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen, konkrete Vorschläge zu machen.


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