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Verschlüsselung: Thorn brachte Chatkontrolle auch für andere Themen ins Spiel

Ashton Kutchers Organisation Thorn war von Anfang an der Entstehung der Chatkontrolle-Verordnung beteiligt. Neue Dokumente zeigen, mit welchen Aussagen Thorn die EU-Kommission lobbyiert hat – unter anderem verwies die Organisation auch auf die Möglichkeiten der Chatkontrolle abseits des Kampfes gegen Kindesmissbrauchs.

Ashton Kutcher
Ashton Kutcher wirbt auf einer Veranstaltung des Europaparlaments für die Chatkontrolle. – Europaparlament / Livestream

Durch eine Recherche von „Follow The Money“ ist herausgekommen, dass Ashton Kutchers Organisation Thorn von Anfang an der EU-Kommission aufzeigte, dass die Chatkontrolle nicht nur gegen Kindesmissbrauch eingesetzt werden könne. Thorn, das mehr wie ein Startup denn eine Wohltätigkeitsorganisation wirkt, war maßgeblich an den Chatkontrolle-Plänen beteiligt und hatte einen extrem guten Draht zur EU-Innenkommissarin Ylva Johansson.

Durch ein Dokument, das Follow The Money für seine Recherche über das schwedische Informationsfreiheitsgesetz erhielt, wird klar, dass Thorn bei seiner Lobbyarbeit nicht nur die Erkennung von Kindesmissbrauchsmaterial (CSAM) im Blick hatte, sondern eine breitere Nutzung ansprach. So heißt es in diesem Dokument:

Bei den Überlegungen zur Regulierung oder Gesetzgebung im Bereich der Verschlüsselung sollte man sich nicht nur auf die CSAM konzentrieren. Lösungen für die Erkennung in verschlüsselten Umgebungen sind viel umfassender als ein einzelnes Verbrechen, und jede Regulierung oder Gesetzgebung sollte den gesamten Umfang des Themas berücksichtigen, um das Problem vollständig anzugehen.

Eine Ausweitung der Nutzung von Chatkontrolle-Daten hatte auch Europol schon gefordert. Durch andere Dokumente kam im November vergangenen Jahres zudem heraus, dass der Sicherheitsapparat von Anfang an die Chatkontrolle-Gesetzgebung prägte. Elina Eickstädt, Sprecherin des Chaos Computer Clubs, sah das damals als Bestätigung, dass das Ziel der Chatkontrolle „mehr die Unterwanderung von Ende-zu-Ende-verschlüsselter Kommunikation und weniger wirklich effektiver Kinderschutz war.“

False Positives

Der ehemalige netzpolitik.org-Journalist Alexander Fanta zeigt in der Recherche zudem auf, dass die die Software von Thorn „weit davon entfernt“ sei, ein technisches Allheilmittel zu sein – und Bilder fälschlicherweise als kindermissbräuchliche Inhalte identifizieren wird. Zudem wird durch die Dokumente klar, dass Thorn der EU-Kommission angeblich Privatsphäre-schützende technische Optionen der Chatkontrolle aufzeigte, die allerdings technisch heute noch gar nicht umsetzbar sind. Die EU-Kommission hatte die nun veröffentlichten Dokumente mit dem Verweis auf Geschäftsgeheimnisse von Thorn nicht freigegeben.

Der EU-Abgeordnete der Piraten, Patrick Breyer, kritisiert das in einer Pressemitteilung:

Bis heute behindert die Kommission die Rekonstruktion der Wahrheit über diesen Skandal, indem sie Beweisdokumente zurückhält. Aus den heutigen Enthüllungen geht hervor, dass die Lobbydokumente von Thorn entgegen den Verschleierungsversuchen der Kommission mitnichten Geschäftsgeheimnisse enthalten, sondern wegen ihres für die Überwachungspläne der Kommission unbequemen Inhalts vertuscht werden sollten.

ZDF-Doku über Ashton Kutcher und die Chatkontrolle

Das ZDF hat die Entstehung der Chatkontrolle und die Rolle von Ashton Kutcher und seiner Organisation Thorn in einer halbstündigen Dokumentation aufgearbeitet.

In der Beschreibung der Doku heißt es:

Reporter Lucas Eiler und Datenjournalistin Ciara Cesaro-Tadic rekonstruieren, wie Kutcher und seine Stiftung Thorn sich in Brüssel für die Überwachungspläne einsetzen. Sie zeigen, wie Kutcher seine Prominenz nutzte, um für das Vorhaben zu werben. Dabei scheint das Engagement nicht ganz uneigennützig: „Thorn“ hat eine Software entwickelt, die zum Scannen auf Kindesmissbrauchsdarstellungen eingesetzt werden kann. Damit macht die Organisation bereits heute Millionen.

Derzeit stockt das Gesetzesvorhaben. Das Parlament hat in seiner Position sehr weitreichende Einschränkungen des Vorschlags der Kommission beschlossen, der Rat der Länder ist sich hingegen nicht einig über seine Position. Weil es mit den Plänen einer Chatkontrolle auf Anordnung vor der EU-Wahl im Juni wohl nichts mehr wird, hat die die EU-Kommission eine Verlängerung der freiwilligen Chatkontrolle auf den Weg gebracht.


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