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KW 33: Die Woche, als wir zwei alten Liedern lauschten

Die 33. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 7 neue Texte mit insgesamt 355.999 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.

Liebe Leser*innen,

diese Woche habe ich ein extrem altes Musikstück gestreamt. Es ist das älteste, das ich jemals gehört habe; und ich hätte nicht gedacht, dass eine so alte Aufnahme überhaupt existiert. „Hosanna In The Highest“ stammt aus dem Jahr 1898 – aus dem vorletzten Jahrhundert.

Was sich beim Hören zuerst aufdrängt, sind Kratzen, Knistern und weißes Rauschen. Aber wenn man sich darauf einlässt, schält sich – wie die Erinnerung an einen nur noch schwer greifbaren Traum – ein hoffnungsvoller Chorgesang heraus. Hören lässt sich das Stück im gemeinnützigen Internet Archive.

Mich begeistert das. Die Musikindustrie klagt.

Plattenlabels sehen ihre Rechte verletzt und verlangen mehrere Hundert Millionen US-Dollar Entschädigung. Nicht wegen „Hosanna In The Highest“, sondern wegen anderen urgroßelterlichen Titeln aus dem Internet Archive. Über den Rechtsstreit und seine zugrunde liegenden Argumente hat diese Woche mein Kollege Tomas berichtet.

Nancys Neuauflage eines Klassikers

Es gibt noch ein altes Lied, das mir diese Woche zu Ohren gekommen ist. „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum“ – der Refrain von jeder konservativ geprägten Debatte über Online-Kriminalität. Dieses Mal ist mir aber ein hinzugedichtetes Wort aufgefallen. „Das Internet ist kein anonymer, rechtsfreier Raum“, ließ sich Innenministerin Nancy Faeser (SPD) per Pressemitteilung zitieren, als das BKA das Lagebild Cybercrime 2022 vorstellte. Das hat mich hellhörig gemacht.

Ich bin mir sicher, dieser Zwischenton ist nicht zufällig reingerutscht. Es ist der gezielte Versuch einer Diskursverschiebung. Als ob Kriminalität und Anonymität ganz eng zusammengehörten. Mindestens im April hat Faeser das schon einmal gesagt. Aber Anonymität im Netz bedeutet auch Schutz von Grundrechten. Sogar im Koalitionsvertrag der Ampelregierung steht ausdrücklich: „Anonyme und pseudonyme Online-Nutzung werden wir wahren“. Der neue Sound passt zu Faesers mehr als fraglicher Netzpolitik – und wir werden mit Gewissheit weiter hinhören.

Zum Abschluss noch ein Aufruf: Für eine aktuelle Recherche suchen wir Erfahrungsberichte. Habt ihr in den vergangenen zwölf Monaten versucht, bei Berliner Behörden eine Wohnung anzumelden oder einen Personalausweis zu beantragen? War es leicht, einen Termin zu bekommen – oder eine Odyssee? Bitte schreibt uns (gerne anschaulich!) eure Erfahrungen an sebastian@netzpolitik.org. Vielen Dank!

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende
Sebastian


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