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Hinhaltetaktik bei iPhone-Ladebuchsen: Apples ganz schön freches Zugeständnis

Micro-USB, Lightning, USB-C
Ein Bouquet an Ladegeräten: Die EU will Standards setzen Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Lucian Alexe

Es ist ein Thema, dass Apple-Führungskräfte ziemlich wütend macht. Vor Jahren stellte ich bei einem Hintergrundgespräch mit einer Produktmanager:in aus der Apple-Zentrale in Kalifornien eine ziemlich simple Frage. Apple verbaut sein einem Jahrzehnt in jedes Handy eine eigene Ladebuchse, einen Anschluss namens Lightning. Über eine Milliarde Geräte mit dem Anschluss hat der Konzern verkauft. Wer ein iPhone laden will, braucht daher einen eigenen Stecker.

Ich fragte nun etwas frech, ob Apple mit seiner Entscheidung gegen einheitliche USB-Buchsen in seinen Handys wirklich seine eigenen vollmundigen Umweltschutzversprechen entspricht („The products you love also love the planet„). Denn wer für ein neues iPhone eigene Stecker braucht, wirft das alte USB-Ladegerät oft weg oder lässt es in der Schublade verstauben. Die EU-Kommission schätzte vor einigen Jahren, dass Apples Alleingang bei Ladeanschlüssen wesentlich zu zehntausenden Tonnen an Elektromüll aus alten Handyladegeräten beiträgt.

Die Europäische Union hat das Thema einheitliche Standards bei Ladegeräten seit mehr als einem Jahrzehnt am Schirm. Schon 2009 brachte die EU-Kommission die größten Handyhersteller gemeinsam an den Verhandlungstisch. Damals gab es noch dutzende verschiedene Stecker. Ein Agreement zwischen den Konzernen machte dem ein Ende, fast alle verbauen seither einheitliche USB-Stecker: Zunächst vor allem Micro-USB, heute ist USB-C der de facto Standard.

EU-Kommissar Günter Verheugen
2009 versprach EU-Kommissar Günter Verheugen ein einheitliches Ladegerät - Alle Rechte vorbehalten European Union

Der einzige Konzern, der nicht mitzog, war Apple. Statt USB verbaut der Konzern bis heute Lightning. Und das, obwohl Apple in seinen Tablets und Laptops selbst USB-C verwendet. Grund für das Festhalten am eigenen Anschluss dürfte sein, dass Apple Lightning patentiert hat – Hersteller etwa aus Asien, die Lightning-Ladegeräte produzieren, müssen Apple dafür Lizenzgebühren zahlen.

Obwohl dies in Europa immer wieder heftig kritisiert wurde, verhinderte Apple mit Hinhaltetaktiken lange Jahre erfolgreich ein gesetzliches Vorgehen der EU. (Wie das Lobbying funktioniert, habe ich vor ein paar Jahren in einer ausführlichen Investigativrecherche beschrieben.) Apple argumentiert bis heute, einheitliche Ladeanschlüsse seien ein Innovationshemmnis

Apple will frühestens 2023 umstellen

Erst im Vorjahr schlug die Kommission schließlich vor, durch ein neues Gesetz ein einheitliches Ladegerät zu schaffen. Das soll auch gleich für Tablets, Smartwatches und viele andere elektronische Geräte gelten – noch wird über die konkrete Ausgestaltung verhandelt.

Der Druck der EU dürfte aber bereits wirken: Laut Branchenanalysten testet Apple inzwischen iPhones mit USB-C Ladebuchsen. Allerdings will der Konzern im neuesten Modell, das dieses Jahr vorgestellt wird, weiterhin Lightning verbauen. Frühestens nächstes Jahr will Apple umstellen, berichtet Bloomberg.

Die Umstellung ergibt technisch Sinn, da Apple bereits in anderen Geräten USB-C verbaut. Der USB-Stecker erlaubt schnellere Datentransfers und raschere Akkuladung als Lightning. Der Schritt Apples ist also eine Win-Win-Situation für Nutzer:innen und die Umwelt. Er wirft aber auch die Frage auf: Warum erst jetzt? Mit seiner rund 13 Jahre andauernden Hinhaltekampagne hat Apple viel Zeit verschwendet und seine eigene Glaubwürdigkeit bei Umweltversprechen auf den Spiel gesetzt.

Wofür? Für ein paar Millionen Euro aus Lizenzgebühren? Um die angeblich überlegenen Eigenentwicklungen zu demonstrieren? Die Saga vom einheitlichen Ladegerät ist ein Beispiel für die Überheblichkeit eines großen Technologiekonzerns, der sich lange Zeit selbst die Regeln schrieb. Und zugleich ein Beispiel dafür, wie die EU endlich Gesetze schafft, um technische Entwicklung ökologisch nachhaltiger zu gestalten. Mehr davon!


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