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Massenüberwachung: Regierung äußert weitere Bedenken zur Chatkontrolle

Volker Wissing (FDP), ein Smartphone mit WhatsApp
Volker Wissing (FDP): „Recht auf Verschlüsselung“ (Symbolbild) – Wissing: IMAGO / Political-MomentsSmartphone: IMAGO / YAY Images, Montage: netzpolitik.org

Nachdem die EU-Kommission vergangene Woche ihren Entwurf zur sogenannten Chatkontrolle vorgelegt hat, gibt es weitere Kritik an dem Vorhaben. Verkehrs- und Digitalminister Volker Wissing (FDP) schreibt heute in einem Statement: „Allgemeine Chatkontrollen sind nicht hinnehmbar“. Es gebe ein Recht auf Verschlüsselung.

Die EU-Kommission verlangt in ihrem Entwurf, dass einige Online-Anbieter auch private Chats durchleuchten müssen, um Aufnahmen sexualisierter Gewalt gegen Kinder zu suchen. Verdächtige Inhalte würden an Behörden weitergeleitet. Auf den Vorstoß gab es scharfe Kritik aus Zivilgesellschaft und Politik.

„Einige der Vorschläge der Kommission beunruhigen mich, weil sie einen Eingriff in den geschützten Raum der Vertraulichkeit der Kommunikation darstellen könnten“, schreibt nun Digitalminister Wissing. Der Schutz dieser Vertraulichkeit sei ein Grundrecht. Auch das Berufsgeheimnis sei betroffen. Konkret nennt Wissing Anwält:innen, Ärzt:innen und Opferberatungsstellen – also Menschen, die besonders vertrauliche Inhalte mit teils vulnerablen Personen austauschen.

Wissing: Unbescholtene Bürger:innen nicht verdächtigen

Es sei zudem eine offene Frage, wie man mit falschen Verdachtsmeldungen umgehe, so Wissing weiter. Der Hintergrund: Wenn Anbieter Abermillionen Nachrichten automatisch scannen müssen, dann bedeuten selbst geringe Fehlerraten zahlreiche falsche Verdächtigungen. „Es darf nicht passieren, dass unbescholtene Bürgerinnen und Bürger unbegründet des Kindesmissbrauchs verdächtigt werden“, schreibt Wissing.

Kritisch geäußert hat sich auch der Bundestagsabgeordnete Jens Zimmermann, digitalpolitischer Sprecher der SPD. Vergangene Woche schrieb er, bei den kommenden Verhandlungen sei der Koalitionsvertrag die Maßgabe. Dort hätten die Ampelparteien „allgemeine Überwachungspflichten und Maßnahmen zum Scannen privater Kommunikation ausdrücklich ausgeschlossen“ und „ein Recht auf Verschlüsselung vereinbart“.

Auch im EU-Parlament gibt es scharfe Kritik. Der innenpolitische Sprecher der FDP im Parlament, Moritz Körner, warnte vor dem Tod des digitalen Briefgeheimnisses und schrieb: „Diese Stasi 2.0 ist abzulehnen.“ Stattdessen fordert er mehr Investitionen in die Ausstattung der Polizei, die Europäische Polizeibehörde Europol und die Zusammenarbeit der Behörden. „Auch Jugendämter müssen effektiver zusammenarbeiten und konsequenter bei wirklichen Verdachtsfällen vorgehen.“

Missbrauchsbeauftragte: stärkerer Fokus auf Prävention

Kerstin Claus, neue Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, UBSKM
Kerstin Claus: „nicht immer jedem einzelnen Bild hinterherlaufen“ - IMAGO / Reiner Zensen

Am heutigen Dienstag hat sich auch die neue Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, zum Entwurf der EU-Kommission geäußert. Die unabhängige Beauftragte wird von der Bundesregierung berufen. Sie kritisierte den Schwerpunkt des EU-Vorhabens. „Wir hätten uns gewünscht, dass es noch einen stärkeren Fokus auf präventive Maßnahmen auch bei einem EU-Ansatz gibt“, sagte sie in einer Pressekonferenz.

Claus kommentierte auch Ermittlungen wegen Aufnahmen sexualisierter Gewalt. Bei Behörden gebe es „Berge an Datenträgern.“ Um das Problem effektiv zu bekämpfen, müsse es um die Netzwerke dahinter gehen. Claus würde sich wünschen, dass Ermittler:innen „nicht immer jedem einzelnen Bild hinterherlaufen“, sondern auf Knotenpunkte schauen. Mehr über die Fülle an Hinweisen, die etwa das BKA erreichen, haben wir hier berichtet.

Die Missbrauchsbeauftragte bedauerte, dass sich die bisherige Berichterstattung auf das Gegeneinander von Datenschutz und Kinderschutz fokussiere. Es sei gut, einen gemeinsamen Rechtsrahmen zu schaffen. „Natürlich braucht es einen europäischen Ansatz zum Schutz von Kindern“. Sie werde mit dem Datenschutzbeauftragten der Bundesregierung in Austausch treten.


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