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Russland: Identitifikationspflicht gegen die Online-Anonymität

Ein neues russisches Gesetz macht Identitätsfeststellungen im Internet verpflichtend. Vor allem Online-Plattformen und Hosting-Provider unterliegen künftig strengen Auflagen. Eine anonyme Nutzung des Internets ist in Russland damit kaum noch möglich.

Ein Bär sitzt auf der Straße und hebt eine Tatze
Wer in Russland künftig ins Internet möchte, muss sich zunächst klar zu erkennen geben. CC0 Midjourney („a big bear sitting in the middle of a junction holding up a stop-sign“)

Schon seit Jahren bemüht sich der Kreml, das Internet in Russland engmaschig zu kontrollieren – zulasten der Presse- und Meinungsfreiheit. Nun wird die Anonymität im russischen Netz zusätzlich erheblich eingeschränkt.

Ein am 31. Juli von Präsident Wladiminir Putin unterzeichnetes Gesetz legt Online-Plattformen und Hosting-Provider strenge Auflagen auf. Sie sind laut einem Bericht von Torrentfreak künftig dazu verpflichtet, die Identität ihrer Nutzer:innen festzustellen. Russische Bürger:innen werden sich damit kaum noch anonym im Internet bewegen können. Die neuen Regeln treten am 1. Dezember dieses Jahres in Kraft.

Verpflichtende Verifikation

Die Identifikation muss durch Verifikationsprozesse erfolgen, die der russische Staat zugelassen hat. Plattformen dürfen ihre Dienste nur jenen Nutzer:innen anbieten, die ihre Identität offenlegen. Die E-Mailadresse, die für die Identitifikation verwendet wird, darf zudem nur von einem russischen Mailanbieter stammen.

Die Verifikation kann auf verschiedene Weise erfolgen. Drei Verfahren sind dabei von zentraler Bedeutung.

Erstens können Nutzer:innen eine Mobilrufnummer verwenden, die sie bereits über offizielle, von der russischen Regierung genehmigten Vergabeverfahren erhalten haben.

Zweitens können Online-Plattformen die Identität von Nutzer:innen mit Hilfe des staatlichen „Unified System of Identification and Authentication“ (ESIA) verifizieren. ESIA ist mit der Identifizierungsplattform Unified Biometric System verbunden, bei der auch biometrische Identifikationsmerkmale zum Einsatz kommen.

Eine dritte Möglichkeit stellen Authentifizierungssysteme von Drittanbietern dar, die den Regularien der russischen Regierung entsprechen. Diese Systeme dürfen ebenfalls ausschließlich russische Staatsbürger:innen anbieten.

Ab Dezember ist eine anonyme Nutzung des Internets in Russland damit kaum noch möglich. Denn auch VPN-Dienste dürfen nur noch Unternehmen anbieten, die sich „regelkonform“ verhalten. Sie müssen unter anderem ihre Daten mit Behörden teilen. Wer darüber informiert, wie man Gesetze durch VPN-Dienste umgehen kann, macht sich strafbar.

Ein Register der „erlaubten“ Anbieter

Doch nicht nur Online-Plattformen nimmt das neue Gesetz ins Visier, sondern auch Hosting-Provider, die Speicher für Webseiten oder Internetdienste bereitstellen. Auch diese Unternehmen müssen sich fortan staatlich registrieren.

Hosting-Provider und Online-Plattformen, welche die neuen Auflagen erfüllen, werden in Zukunft in einem staatlichen Register mit „erlaubten“ Anbietern aufgeführt. Das Register obliegt der Aufsicht einer staatlichen Behörde, die noch bis zum 1. Februar 2024 bestimmt wird.

Ab September kommenden Jahres dürfen „autorisierte Staatsorgane“ laut Gesetz nur noch „Rechenleistung“ von dort registrierten Unternehmen in Anspruch nehmen. Die Nutzung von „Informationssystemen“, die sich nicht im Besitz ausschließlich russischer Personen befinden, ist untersagt.

Außerdem erhalten Hosting-Unternehmen und Online-Dienste eine Liste von Aktivitäten und Inhalten, die staatlicherseits verboten sind. Die Unternehmen sind dazu verpflichtet, die Verbote durchzusetzen und mit den russischen Behörden zu kooperieren. Tun sie das nicht, müssen sie damit rechnen, aus dem Register entfernt zu werden. Sie dürfen dann keine Geschäfte mehr in Russland tätigen.


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