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San Francisco: Polizei erhält Zugriff auf private Überwachungskameras

Die Polizei in San Francisco darf künftig auf Daten privater Videokameras zugreifen. Das ist eine Zäsur in der Überwachungspolitik der Stadt. Bürgerrechtsorganisationen befürchten, dass marginalisierte Gruppen und Protestteilnehmer:innen verstärkt kriminalisiert werden.

Eine mäandernde Straße in San Francisco von oben fotografiert
Irrwege der Überwachungspolitik in San Francisco (Symbolbild) Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Brandon Nelson

Das Board of Supervisors von San Francisco hat am 20. September polizeiliche Befugnisse bei der Videoüberwachung ausgeweitet. Die Ermittler:innen dürfen nun live auf private Überwachungskameras zugreifen, mit Genehmigung der Betreibenden oder einem richterlichen Beschluss. Das zunächst auf 15 Monate ausgelegte Pilot-Projekt ermöglicht den Zugriff bei lebensbedrohlichen Notfällen, während großer Veranstaltungen und im Zuge von Ermittlungen beispielsweise wegen Vandalismus oder Verkehrsdelikten.

Der Verwaltungsrat und Bürgermeisterin London Breed setzen sich damit über den Widerstand von Bürgerrechtsorganisationen, Anwohner:innen, Anwält:innen und Mitgliedern der zivilen Polizeikommission hinweg.

So warnt die Electronic Frontier Foundation (EFF) gemeinsam mit der Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) vor Missbrauchsgefahr. Insbesondere für marginalisierte Gruppen und Protestteilnehmer:innen seien die Befugnisse eine Gefahr. „Wir sind besorgt, dass dies zu einer weiteren Kriminalisierung von Menschen führt, die bekanntermaßen historisch zur Zielscheibe von staatlicher Überwachung geworden sind, seien dies Schwarze, Aktivist:innen, LGBTQ-Personen und Muslime“, so Jennifer Jones, Anwältin bei der ACLU, gegenüber Protocol. Schließlich könne die Polizei ganze Stadtteile und politische Versammlungen rund um die Uhr beobachten, wenn Ordnungswidrigkeiten passieren oder erwartet würden. Racial Profiling sei dabei zu erwarten.

Wende in der städtischen Überwachungspolitik

In der Vergangenheit war San Francisco beim Einsatz von Videoüberwachung zurückhaltend: 2019 verhängte der Stadtrat ein Verbot von Gesichtserkennung und erschwerte den Einsatz neuer Überwachungstechnologien durch behördliche Einrichtungen.

Doch laut EEF-Recherche verstieß die Polizei 2020 gegen diese Einschränkungen. Im Zuge der Black-Lives-Matter-Proteste nutzte sie Kameras einer externen Organisation zur Überwachung der Demonstrant:innen – ohne zuvor eine Genehmigung einzuholen. Grund zur Sorge sei das der EFF zufolge allemal, denn gerade wenn es um die Kritik an Polizei und anderen Machstrukturen gehe, könne Überwachung Protestierende abschrecken.

Mit der neuen Verfügung erhält die Polizei einen Freifahrtsschein für diese Art von Überwachungspraxis. Die eingeräumten Befugnisse, die im Juli noch umkämpfter Vorschlag waren, sind damit zu einer Zäsur in der Überwachungspolitik San Franciscos geworden. Allein dass sie nach 15 Monaten neu bewilligt werden müssen, sei laut EFF ein Hoffnungsschimmer: „Wir werden da sein in 15 Monaten, um hoffentlich die erneute Bewilligung dieser gefährlichen Verfügung zu verhindern“.


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