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Produkthaftung: EU-Kommission will klare Haftungsregeln für KI-Systeme

Wer zahlt für den Schaden, wenn ein selbstfahrendes Auto einen Unfall baut oder eine Lieferdrohne ins Fenster knallt? Ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission soll für diese Frage Antworten geben und Klagen erleichtern.

Selbstfahrende Autos
Wer haftet, wenn ein autonomes Auto crasht? Diese Frage behandelt ein neues EU-Gesetz (Symbolbild) CC-BY-SA 4.0 Grendelkhan / Bearbeitung netzpolitik.org

Die Europäische Kommission schlägt ein neues Haftungsgesetz für algorithmische Entscheidungssysteme vor. Die Richtlinie soll europaweit einheitliche Regeln für die Frage schaffen, wer haftet, wenn Produkte oder Dienstleistungen durch den Einsatz von sogenannter „Künstlicher Intelligenz“ physische oder immaterielle Schäden verursachen. Der Entwurf ist Teil eines größeren Gesetzesvorhabens, bei dem auch die Haftungsrichtlinie für viele andere Produkte reformiert werden soll.

Die neuen Spielregeln sollen beispielsweise Schadenersatzforderungen erleichtern, wenn eine Person durch den Einsatz von KI im Bewerbungsverfahren diskriminiert wird, so die EU-Kommission in einer Pressemitteilung. Die Richtlinie soll es auch juristisch einfacher machen, eine schädliche Wirkung von KI nachzuweisen. Dafür werde eine „Grundannahme der Kausalität“ geschaffen, nach der algorithmische Systeme verantwortlich gemacht werden könnten, wenn das hinreichend wahrscheinlich sei. Damit seien auch Klagen möglich, wenn die genaue Funktionsweise einer KI eine „Black Box“ bleibe, die Entscheidungsfindung also nicht nachvollziehbar sei.

Auch sollen Geschädigte bei einer problematischen Funktionsweise eines hochriskanten KI-Systems ein Recht auf Zugang zu Beweismitteln haben. Hersteller müssen dann also Daten liefern, etwa Log-Files von Produkten. Tun sie das nicht, soll unter dem Gesetzesvorschlag die Annahme gelten, dass das KI-System für den Schaden verantwortlich sei. Die neue Richtlinie soll auch Verbandsklagen von Verbraucherverbänden wegen Schäden durch KI-Systeme ermöglichen. Gelten soll das Gesetz nicht nur für Produkte privater Firmen, sondern auch für staatliche KI-Systeme.

Als hochriskant werden laut der EU-Kommission solche Systeme eingestuft, die besonders weitreichende Auswirkungen auf der Leben und die Gesundheit haben können. Darunter fallen etwa Systeme, die den Zugang zu Sozialleistungen steuern, über die Vergabe von Studienplätzen entscheiden oder im Asylverfahren eingesetzt werden.

Neue Regeln für autonome Fahrzeuge und „smarte“ Assistenten

Bereits im Vorjahr hat die Kommission einen Vorschlag für eine KI-Verordnung vorgelegt, die den Einsatz von riskanten KI-Systemen regulieren und in einigen Fällen beschränken soll. Über dieses Gesetz wird derzeit noch im Rat der EU-Staaten und im Parlament verhandelt. Die nun vorgeschlagenen Haftungsregeln sollen darüber hinaus gehen und zudem Lücken im bisherigen Haftungsrecht schließen. Laut dem Gesetzesvorschlag der Kommission schaffe die Reform der Haftungsregeln Rechtssicherheit, die wiederum neue wirtschaftliche Aktivität von bis zu 1,1 Milliarden Euro ermögliche.

Die neuen Haftungsregeln sollen für alle KI-Produkte gelten, darunter selbstfahrende Autos, Staubsaugerroboter oder „smarte“ Heimassistenten. Nicht gelten soll die Richtlinie lediglich für jene Produkte, für die es bereits eigene, spezifische Haftungsregeln gebe. Die konkrete Umsetzung der EU-Richtlinie liegt nun an den Mitgliedsstaaten – das heißt, einige Länder könnten die Regeln strenger auslegen als andere. Die Kommission schickte ihren Entwurf für das Gesetz an den Rat der EU-Staaten und das EU-Parlament. Dort dürften langwierige Verhandlungen bevorstehen.


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