Georg Friedrich Prinz von Preußen, ein Nachfahre des einstigen Kaisers von Deutschland, überzieht Historiker:innen und Medien seit Jahren mit Klagen und Abmahnungen. Mindestens 80 Fälle sind bekannt. Dagegen wehrt sich nun der Historikerverband mit einem Klage-Wiki, welches das Vorgehen des klagefreudigen Blaublüters transparent macht. Es ist auch ein Signal, dass der Streit jetzt „nicht mehr vereinzelt“ geführt werde.
Die Informationsfreiheitsorganisation FragDenStaat.de, die zuvor auch schon einen Rechtshilfefond in der Sache gegründet hatte, unterstützt die Wissensdatenbank und schreibt in einer Pressemitteilung:
Das Wiki soll es ermöglichen, möglichst umfassend nachzuvollziehen, in welchem Umfang die Hohenzollern gegen unliebsame Berichterstattung rechtlich vorgehen, denn darin liegt die Gefahr, dass die wissenschaftliche Erforschung und die öffentliche Diskussion über die Rolle des Hauses Hohenzollern mit juristischen Mitteln erstickt wird.
Hintergrund des Streits: Die Hohenzollern versuchen vom deutschen Staat umfangreiche Restitutionen, also Entschädigungen für Kulturgüter und auch Immobilien zu erlangen. Sie können sich dabei auf einen Teilungsvertrag mit der Weimarer Republik von 1926 berufen, der den ehemaligen Herrschern großzügige Ansprüche gewährte.
„Erheblicher Vorschub“
Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes 1945 wurden die Monarchen im Osten von der sowjetischen Militäradministration enteignet. Die wiedervereinigte Bundesrepublik entschied 1994, diese Güter nicht zurück zu geben, sondern die Nachfahren zu entschädigen. Unter der Bedingung, dass die damals Enteigneten nicht dem Nationalsozialismus (oder dem Kommunismus) „erheblichen Vorschub“ geleistet hätten. Auch mit dieser Frage beschäftigt sich das neue Wiki und konstatiert eine Mitwirkung des preußischen und deutschen Kronprinzen Wilhelm von Preußen an der Zerstörung der Weimarer Republik und eine „Vorschubleistung für die nationalsozialistische Machtübernahme“.
SZ.de berichtet über die bisherigen Fälle:
Bei den meisten Klagen geht es weder um Beleidigung oder Verleumdung, noch um den strittigen Punkt, das Verhältnis zum Nationalsozialismus, so der Historiker Eckart Conze. Stattdessen verfolgen die Anwälte der Hohenzollern vor allem wenig relevante Unrichtigkeiten.
„Debatte nach Kräften unterdrücken“
Die Kläger seien auch deshalb so erfolgreich, weil immer wieder dieselben drei Richter am Berliner Landgericht zu ihren Gunsten entscheiden würden, schreibt die SZ weiter. Die beteiligten Wissenschaftler sind sich einig, dass es Strategie sei, die Debatte nach Kräften zu unterdrücken.
In einem Interview mit der Welt wehrt sich Georg Friedrich Prinz von Preußen: „Wir haben uns weder gegen Berichterstattung an sich noch gegen historische Forschung gewehrt. Wir sind lediglich aktiv geworden, als falsche Tatsachenbehauptungen veröffentlicht und weiterverbreitet wurden.“
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