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Neues aus dem Fernsehrat (84): Vom Fernsehrat in den Verwaltungsrat

Bühne des Fernsehrats in der Halle 45 in Mainz
Der Fernsehrat tagte dieses Mal in der „Halle 45“ in Mainz. CC-BY 4.0 Leonhard Dobusch

Seit Juli 2016 darf ich den Bereich „Internet“ im ZDF-Fernsehrat vertreten. Was liegt da näher, als im Internet mehr oder weniger regelmäßig Neues aus dem Fernsehrat zu berichten? Eine Serie.

Nach der Wahl des neuen ZDF-Intendanten Norbert Himmler stand in der heutigen Sitzung mit der Wahl von Verwaltungsräten die zweite wichtige Personalentscheidung des Fernsehrats auf der Tagesordnung. Der ZDF-Staatsvertrag sieht vor, dass acht Mitglieder vom Fernsehrat mit 3/5-Mehrheit in den zwölf-köpfigen ZDF-Verwaltungsrat entsendet werden. Der Verwaltungsrat ist stärker als der Fernsehrat in operative Entscheidungsprozesse eingebunden und wirkt bei wichtigen Personalentscheidungen (z.B. Chefredaktion), der Aufstellung des Haushalts sowie Investitionsentscheidungen mit.

Für mich war es das zweite Mal, dass ich an der Wahl des Verwaltungsrats mitwirken durfte. Wie schon beim ersten Mal 2017 in dieser Reihe beschrieben, handelt es sich dabei um durchaus kompetitive, zwischen den beiden Freundeskreisen als Quasi-Fraktionen abgestimmte Verfahren mit bisweilen mehr Kandidaturen als Plätze.

Foto Bewerbungsrede Verwaltungsrat Dobusch
Für meine Bewerbung als Verwaltungsrat durfte ich kurz ans Rednerpult treten. - CC-BY 4.0 Beate Bäumer

Nach knapp sechs Jahren im Fernsehrat entschied ich mich bereits im vergangenen Jahr, dieses Mal selbst meinen Hut in den Ring zu werfen und für einen Platz im Verwaltungsrat zu kandidieren. Meine Bewerbung begründete ich mit drei Punkten:

  • Organisationsentwicklung: Mit der anstehenden Verabschiedung einer Auftrags- und Strukturreform durch die Länder als Rundfunkgesetzgeber steht das ZDF vor der wahrscheinlich größten Organisationsreform seiner Geschichte. Um die Potenziale größerer Freiheiten bei der Gestaltung von (nicht-)linearen Angeboten für ein attraktiveres und vielfältigeres Angebot ausschöpfen zu können, wird es Umschichtungen und Umbauten brauchen. Als Universitätsprofessor für BWL mit Schwerpunkt Organisation beschäftige ich mich seit Jahren mit organisatorischem Wandel und möchte hier helfen, in Alternativen zu denken: es gibt keinen One-Best-Way, sondern immer mehr als einen möglichen Weg.
  • Digitale Transformation: Teil des anstehenden Wandels wird zweifellos ein Ausbau digitaler Angebote sein. Zu diesem Thema habe ich mich nicht nur als Vertreter des “Internets” im Fernsehrat eingebracht, das Thema Digitalisierung zieht sich wie ein roter Faden durch meine Biografie. Sei es in meiner Doktorarbeit zum Thema “Windows versus Linux” in großen Stadtverwaltungen an der FU Berlin, sei es in Forschungsprojekten zum Management digitaler Gemeinschaften (was ja auch für Mediatheken immer wichtiger wird) oder durch Veröffentlichungen zu diversen Digitalthemen hier bei netzpolitik.org. Im Verwaltungsrat möchte ich dazu beitragen, die Chancen digitaler Technologien zu nutzen, ohne sie als Selbstzweck misszuverstehen.
  • Aufsicht im öffentlichen Auftrag: Die Kernaufgabe des Verwaltungsrats ist die Aufsicht und Kontrolle über die Finanzen und Investitionen des ZDF sowie der zahlreichen Tochtergesellschaften im Interesse der Beitragszahlenden bzw. der Allgemeinheit. Für die Erfüllung dieser Aufsichtsfunktion kann ich nicht nur auf meinen Hintergrund als Betriebswirt und Jurist, sondern auch auf langjährige Erfahrung als Aufsichtsrat, u.a. in der ÖBB Personenverkehr AG zurückgreifen.

Im zweiten Wahlgang gewählt

Nach einer Vorstellung in beiden “Freundeskreisen” standen im Fernsehrat bei – wegen einer Bundesratssitzung – nur 46 anwesenden Mitgliedern die folgenden Kandidat:innen zur Wahl (in Klammern die Anzahl der Stimmen im ersten Wahlgang):

  • Gabriele Beibst, Rektorin a.D. der Ernst-Abbe-Hochschule Jena (42)
  • Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Mitglied des Vorstands RAG-Stiftung (42)
  • Leonhard Dobusch (31)
  • Reinhard Göhner, Rechtsanwalt, Mitglied des Bundestages a.D. (36)
  • Peter Heesen, Ehrenvorsitzender des dbb beamtenbund und tarifunion (36)
  • Michale Sommer, Bundesvorsitzender des DGB a. D. (41)
  • Barbara Thomaß, em. Professorin für Medienwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum (41)
  • Birgitta Wolf, Professorin für BWL der Goethe-Universität Frankfurt am Main (43)
Stimmzettel
Im zweiten Wahlgang stand nur noch mein Name am Stimmzettel als Kandidat für den ZDF Verwaltungsrat - CC-BY 4.0 Leonhard Dobusch

Im ersten Wahlgang hatte ich damit als einziger nicht die notwendige Zahl von 36 Stimmen erhalten. Nach einer Sitzungsunterbrechung durfte ich im Freundeskreis Dr. Jung noch einmal zu Themen Transparenz und Vertraulichkeit Stellung nehmen und wurde im darauffolgenden zweiten Wahlgang mit 42 Stimmen als damit einziges neues Mitglied in den ZDF-Verwaltungsrat gewählt. Mit 41 Jahren werde ich das mit Abstand jüngste Mitglied des Gremiums sein. (Der nächstjüngere Verwaltungsrat ist Bayerns Ministerpräsident Markus Söder mit 55 Jahren.)

Als Verwaltungsrat werde ich auch in Zukunft an Fernsehratssitzungen teilnehmen, allerdings ohne Stimmrecht. Meine Nachfolge als Vertreter für das Internet wird von jenen vier Vereinen ausgewählt werden, die auch mich zweimal in den Fernsehrat nominiert hatten: Chaos Computer Club, D64, Eco und Medianet Berlin-Brandenburg. Fest steht nur, dass mein Nachfolger eine Nachfolgerin sein wird – das sieht der ZDF-Staatsvertrag so vor.

Diese Reihe bei netzpolitik.org werde ich somit auch in meiner neuen Funktion fortsetzen. Denn auch als Verwaltungsrat werde ich Neues aus dem Fernsehrat berichten können.


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