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Letzte Generation: Der Streit um das abgehörte Pressetelefon geht weiter

Das Amtsgericht München geht davon aus, dass das Pressetelefon der Letzten Generation rechtmäßig abgehört wurde. Betroffene Journalisten wehren sich nun weiter gegen den Eingriff in die Pressefreiheit. Es gehe um mehr als die Einzelfälle, kritisieren Reporter ohne Grenzen und die Gesellschaft für Freiheitsrechte.

Ein Polizist versucht eine auf den Boden geklebte Hand zu lösen
Seit vielen Monaten demonstrieren Aktivist:innen der letzten Generation auf deutschen Straßen, hier in Braunschweig 2022. CC-BY-SA 2.0 Constantin Jäge

Im Sommer wurde bekannt, dass die bayerische Polizei ab Oktober 2022 unter anderem das Pressetelefon der Klimagruppe Letzte Generation abgehört hatte. Daraufhin wehrten sich drei Journalisten gemeinsam mit Reporter ohne Grenzen (RSF) und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und beantragten beim Amtsgericht München, die Maßnahme gerichtlich zu prüfen. Wie die beiden Organisationen nun bekannt gaben, erkannte das Amtsgericht die Überwachungsmaßnahmen als rechtmäßig an. Das wollen die Journalisten nicht hinnehmen.

Am Dienstag reichten RSF und GFF daher mit Jörg Poppendieck vom RBB und Jan Heidtmann von der SZ Beschwerde beim Landgericht München gegen die Beschlüsse ein. Sie sehen darin „einen klaren Verstoß gegen die Pressefreiheit“, das Gericht habe das Grundrecht in der ursprünglichen Überwachungsanordnung nicht einmal erwähnt. Durch das Belauschen von Telefongesprächen bei einer so gekennzeichneten Pressenummer seien journalistische Gespräche gezielt abgehört worden.

Über den Einzelfall hinaus

„Dass der zur Überprüfung aufgeforderte Richter es nach wie vor für rechtmäßig hält, in seiner Überwachungsanordnung keine Grundrechte abgewogen zu haben, stellt rechtsstaatliche Grundsätze über den Einzelfall hinaus in Frage“, sagt Rechtsanwältin Nicola Bier von RSF. Poppendieck und Heidtmann haben laut der Mitteilung von RSF Belege dafür, dass Gespräche von ihnen aufgezeichnet wurden, obwohl sie sich als Pressevertreter zu erkennen gegeben haben. Bei Heidtmann sei etwa ein fünfminütiges Telefonat betroffen gewesen, dass unter anderem der Vermittlung eines Interviews diente.

„Es war nicht zu erwarten, dass das Amtsgericht München seine eigene Entscheidung revidieren würde. Dass der Richter das Abhören von Pressetelefonen legitimiert hat, bleibt trotzdem falsch. Deshalb gehen wir nun in die nächste Instanz“, sagte Jan Heidtmann. Mit dem Verfahren wollen die Organisationen nicht nur den konkreten Fall der beiden Journalisten klären, sondern „die grundrechtlichen Grenzen für das heimliche Abhören solcher Anschlüsse“.

Neben dem Pressetelefon waren zwölf weitere Anschlüsse von den Abhörmaßnahmen betroffen. Sie stehen im Kontext des Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der Letzten Generation wegen des Vorwurfs, sie hätten eine „kriminelle Vereinigung“ gebildet. Die Ermittlungen gipfelten Ende Mai in mehreren Hausdurchsuchungen von Aktivist:innen. Das Vorgehen steht in der Kritik, mehrere Rechtsexpert:innen bezweifelten, dass die Aktionen der Letzten Generation für eine derartige Einstufung in Frage kommen. Das Landgericht München jedoch verwarf Mitte November Beschwerden gegen die Durchsuchungen und entschied, dass ein entsprechender Anfangsverdacht plausibel sei.


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