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Facebook Down: Schadenfreude ist ein deutsches Wort

Memes

Für die Infrastruktur der netzpolitik.org-Redaktion ist der Ausfall von Facebook vollkommen irrelevant. Ein paar Redakteur:innen nutzen Facebook sporadisch, der Rest hält sich aus Überzeugung davon fern. WhatsApp ist auch nicht wichtig, weil alle andere Messenger nutzen. Und Instagram – naja, was soll’s.

Eine der ersten Reaktionen war natürlich Schadenfreude, wenn einer der großen Monopolisten für mehrere Stunden offline geht und sich irgendwie selbst aus dem Netz gekegelt hat. Natürlich interessiert alle, wie das passieren kann, was technisch dahinter steckt und was die Sache ausgelöst hat. Alle in der Redaktion haben jetzt wohl mindestens den Wikipedia-Artikel zum Border Gateway Protocol gelesen und zumindest versucht, ihn zu verstehen. Für uns ist der Ausfall ein Phänomen, das wir mit einer Mischung aus Belustigung und Interesse verfolgen. Bewegt oder eingeschränkt hat uns das nicht.

Aber es ist auch klar: Diese Redaktion ist nicht repräsentativ für die Internetnutzer:innen in Deutschland und schon gar nicht auf der Welt. Auch wenn „Schadenfreude“ auf Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch und Polnisch „Schadenfreude“ heißt. Wir sind in einer privilegierten Position und haben Alternativen. Wir könnten jetzt einfach mit dem Finger auf Facebook zeigen und hämisch sagen: „Told you so“. Wir könnten uns dann in Richtung der Politik drehen und sagen: Das kommt davon, wenn sich das Internet zentralisiert. Wie kann man nur solche Fehler machen? Und überhaupt: Kann das nicht einfach offline bleiben?

Anders sieht die Situation in vielen Ländern des globalen Südens aus. Im Iran zum Beispiel, wo Instagram das letzte verbleibende westliche soziale Netzwerk ist und ganze Wirtschaftszweige mit diesem Netzwerk verknüpft sind. Da haben Leute keine Geschäfte gemacht und Geld verloren.

Oder in Argentinien, wo man Unternehmen nicht mehr erreichen konnte, weil der Kundenservice über WhatsApp abgewickelt wird. Oder in Indien, wo Familien nicht mehr miteinander kommunizieren konnten. Ihnen wird der Zeigefinger nicht gerecht. Gerade wenn sie wie die meisten Menschen in Argentinien Mobilfunkverträge haben, bei denen sie WhatsApp kostenlos nutzen können, aber für das restliche Internet teuer bezahlen. Weil es keine Netzneutralität, sondern Zero-Rating gibt.

Diese Menschen sind vielleicht nicht auf Signal, Telegram oder Twitter ausgewichen, sondern haben gestern einfach nicht mehr kommuniziert. Und so zeigt der Ausfall die Abhängigkeiten von einem großen Konzern für manche Menschen schmerzhaft, während wir uns an lustigen Memes erfreuen.


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