Abgelegene Haushalte in Einzel- und Randlagen sollen künftig eine „nicht-leitungsgebundene Internetanbindung“ mit staatlicher Unterstützung erhalten können. Sie können Zuschüsse in Höhe von 500 Euro für Satellitenlösungen bekommen, alternativ soll die Anschaffung und Installation von Richtfunkstrecken mit bis zu 10.000 Euro gefördert werden.
Das heute vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) angekündigte Förderprogramm soll vor allem Haushalte, die mit Gigabit-Festnetzanschlüssen nur schwer oder nicht wirtschaftlich zu erschließen sind, mit schnellem Internet versorgen. Finalisiert ist das Programm noch nicht, es wird derzeit noch mit den Bundesländern abgestimmt.
Gerüchte und vage Ankündigungen zu gefördertem Satelliteninternet für schwer erschließbare Regionen kursieren bereits seit längerem. Zwar subventioniert der Bund schon seit 2015 einen möglichst flächendeckenden Ausbau mit schnellen Internetanschlüssen, vor allem in ländlichen Regionen bleiben jedoch weiterhin unversorgte Gebiete. Aktuellen Zahlen zufolge erreichen rund fünf Prozent deutscher Haushalte nicht einmal 30 MBit/s („Weiße Flecken“), rund zwölf Prozent keine 100 MBit/s.
„Kurzfristige Perspektive“
In solchen Regionen, den sogenannten „Grauen Flecken“, kommt diese Förderung grundsätzlich in Frage – bei Fällen, „in denen die Glasfaseranbindung von schwer erschließbaren Einzellagen die förderfähigen Kosten übersteigt und die Zahlung eines Eigenbeitrags erforderlich wäre“, heißt es aus dem BMVI. In der Vergangenheit war von etwa 200.000 Haushalten die Rede, die sich nicht so einfach mit Festnetzleitungen versorgen lassen und die das in der Coronapandemie besonders zu spüren bekommen – eine Zahl, die das BMVI nicht bestätigen wollte.
„Gerade mit Blick auf Home Office oder Home Schooling wirkt sich das besonders negativ aus“, sagte Infrastrukturminister Andreas Scheuer (CSU) in einer Pressemitteilung. Deshalb solle das Gutscheinprogramm einspringen, „mit dem die betroffenen Haushalte eine kurzfristige Perspektive für eine vernünftige Internetversorgung erhalten“.
Satellitenanbieter wie Starlink von SpaceX, „Projekt Kuiper“ von Amazon oder OneWeb aus Großbritannien drängen seit wenigen Jahren in den Markt. Zumeist bringen sie dabei Satelliten in einem niedrigen Erdorbit unter, was schnellere Verbindungen und kürzere Latenzzeiten erlaubt. In den kommenen Jahren sollen mehrere Zehntausend solcher Satelliten die ganze Welt mit Internet versorgen können. Das sorgt unter anderem bei Astronomen für Unmut, da es die Beobachtung des Weltraums behindert.
Genehmigungsprozess steht an
Wie kurzfristig das BMVI-Programm greifen wird, bleibt derweil offen. Zum einen muss die Richtlinie noch fertig abgestimmt werden, zum anderen muss anschließend die schwer erschließbare Lage im Einzelfall nachgewiesen werden. „Nur wenn hier ein Glasfaserausbau nicht erfolgt, weil die Erschließungskosten zu hoch wären und keine ausreichende Selbstbeteiligung am Ausbau erfolgt, soll der Gutschein zum Einsatz kommen – statt Glasfaseranschluss“, sagt Jürgen Grützner vom Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM).
Trotz der Förderung kommen Satellitenlösungen im laufenden Betrieb nicht billig. Beim Anbieter Starlink etwa, auf den das BMVI-Programm zugeschnitten zu sein scheint und der kürzlich eine Pilotphase gestartet hat, kommen monatliche Kosten von 100 Euro auf die Nutzer:innen zu. Diese müssten sie selbst bezahlen. Alternative Angebote wie jenes des europäischen Anbieters Eutelsat sind zwar bereits ab 30 Euro zu haben, kommen bei diesen Tarifen jedoch mit Einschränkungen.
Detailfragen zum Richtfunkansatz konnte das BMVI kurzfristig nicht beantworten – auch, weil die Richtlinie noch nicht fertig ist. Fest steht aber, dass die Betriebskosten für Richtfunkstrecken vom Zuschuss nicht abgedeckt werden, weder für die Anschlussinhaber noch für die Betreiber.
„Akzeptable Brückenlösung“ – aber nicht mehr
„Statt wie einen Tropfen auf dem heißen Stein Gutscheine zu verteilen, hätten die Weißen Flecken in all den Jahren viel stärker im Fokus sein müssen und nicht nur die für Unternehmen lukrative Ballungszentren“, sagt die grüne Infrastrukturexpertin Margit Stumpp. Alternative, nicht-leitungsgebundene Internetanbindungen können für sehr abgelegene Randlagen eine Übergangslösung sein, doch die sollte bis zum Ende gedacht sein und die betroffenen Nutzer:innen nicht mit einer enormen finanziellen Mehrbelastung alleine lassen, so Stumpp.
Auch die linke Infrastrukturexpertin Anke Domscheit-Berg spricht von einer „akzeptablen Brückenlösung“. Solche Angebote dürfen jedoch nicht mit einem Verzicht auf einen ebenfalls geförderten Anschluss ans Glasfasernetz einhergehen, „denn verlässlich schnelles Netz, wie es für eine angemessene Teilhabe in einer digitalen Gesellschaft erforderlich ist, bietet nur die Glasfaser“. Die Bundesländer sollten daher darauf achten, dass eine Inanspruchnahme der Gutscheinlösung nur eine Überbrückung bis zum Glasfaserausbau sein darf, fordert Domscheit-Berg.
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