Die Europäische Union will Elektrogeräten ein längeres Leben schenken, um die Verschwendung von Ressourcen einzudämmen. Möglich machen soll dies ein „Recht auf Reparatur“, das derzeit in Brüssel verhandelt wird. Die entscheidenden Trilog-Verhandlungen beginnen am Donnerstag.
Fast einstimmig votierte das Europäische Parlament am 21. November für einen Gesetzentwurf, der ein Recht auf Reparatur einführen soll. Damit soll es künftig einfacher und attraktiver sein, Produkte zu reparieren, statt diese zu entsorgen und neu zu kaufen. Im Fokus stehen vor allem Elektrogeräte.
In der gleichen Woche wie das Parlament einigte sich auch der Ministerrat, in dem die Regierungen der Mitgliedstaaten vertreten sind, auf seine Position. Beiden Beschlüssen liegt der im März veröffentlichte Verordnungsentwurf der EU-Kommission zugrunde, den vor allem Umwelt- und Verbraucherschützer*innen als enttäuschend bewerteten.
Am Donnerstag gehen die Verhandlungen um ein Recht auf Reparatur mit den Trilog-Verhandlungen in die nächste Runde. Die Einigung wird vermutlich nicht leicht. Denn das Parlament zeigt sich bislang deutlich ambitionierter als der Rat. Von dessen Vorgaben würden vor allem unabhängige Reparaturwerkstätten, ehrenamtliche Initiativen wie Repair-Cafés sowie Menschen, die ihre Geräte selbst reparieren möchten, profitieren.
Ersatzteile für alle
Wer heute selbst eine Reparatur vornehmen oder dafür eine unabhängige Werkstatt aufsuchen möchte, scheitert oft an fehlenden oder teuren Ersatzteilen. Viele Menschen entscheiden sich daher dagegen, ihre defekten Geräte instand zu setzen.
Das EU-Parlament fordert aus diesem Grund, dass Unternehmen Ersatzteile und Reparaturanleitungen zu „angemessenen Preisen“ zur Verfügung stellen müssen – bis auf Weiteres allerdings nur für bestimmte Produktgruppen wie Waschmaschinen, Staubsauger, Smartphones oder Fahrräder.
Derzeit erschweren es einige Hersteller noch gezielt, dass Nutzer*innen ihre Geräte reparieren können. So ist etwa der Funktionsumfang einiger Smartphones deutlich eingeschränkt, wenn Nutzer*innen günstigere Akkus von Drittanbietern einsetzen. Derartige Praktiken will das EU-Parlament künftig unterbinden.
Auch will es Mitgliedsstaaten dazu auffordern, finanzielle Anreize zu setzen, etwa durch Reparaturgutscheine. Ähnliches gibt es bereits in Österreich und in Thüringen.
Reparaturpflicht für Händler und Hersteller
Darüber hinaus sollen Händler dazu verpflichtet werden, Produkte innerhalb der gesetzlichen Gewährleistungszeit, also innerhalb der ersten zwei Jahre nach deren Kauf, kostenlos reparieren zu müssen. Allerdings würde diese Pflicht nur greifen, wenn eine solche Reparatur technisch möglich und obendrein kostengünstiger ist, als das defekte Gerät gegen ein neues Produkt auszutauschen. Nach einer Reparatur verlängert sich die Gewährleistung einmalig um ein weiteres Jahr.
Die Händler stehen hier aber nur in der Pflicht, wenn ein*e Kund*in den Schaden nicht selbst verursacht hat. Doch auch dann sowie nach Ablauf der Gewährleistung sollen die Hersteller künftig kostenpflichtige Reparaturen anbieten müssen. Auch diese Regelung betrifft aber zunächst nur verschiedene Haushaltsgeräte, Smartphones, Fahrräder und einige weitere Produkte. Ist eine Reparatur nicht möglich, kann ein Unternehmen seinen Kund*innen ein gebrauchtes und bereits repariertes Ersatzgerät anbieten.
Damit Verbraucher*innen Reparaturangebote leichter finden und miteinander vergleichen können, soll eine entsprechende Online-Plattform ins Leben gerufen werden. Auch sollen Anbieter unter anderem den Preis und die Dauer von Reparaturen transparent machen müssen.
Der deutsche EU-Abgeordnete René Repasi (S&D), der Berichterstatter für das Gesetz ist, äußerte sich zufrieden über den Beschluss des Parlaments: „Die Leute wollen die Lebensdauer ihrer Geräte verlängern, aber das ist oft zu kostspielig oder zu kompliziert. Wir haben eine Reihe von Maßnahmen verabschiedet, damit Verbraucherinnen und Verbraucher sich für eine Reparatur statt für ein neues Gerät entscheiden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Unterstützung unabhängiger Werkstätten und auf finanziellen Anreizen.“
Ausstehende Einigung im Trilog
Bevor das Recht auf Reparatur aber EU-weites Gesetz wird, muss sich das Parlament zunächst mit dem Ministerrat auf einen gemeinsamen Verordnungsentwurf einigen. Dessen Forderungen bleiben an entscheidenden Stellen hinter jenen des Parlaments zurück.
So finden sich in der Ratsposition keine Maßnahmen dazu, um den Zugang zu Ersatzteilen und Reparaturanleitungen zu erleichtern. Auch will der Rat Praktiken nicht verbieten, mit denen Hersteller es erschweren, dass ihre Produkte repariert werden. Darüber hinaus möchte er es den Kund*innen überlassen, ob sie eine Reparatur oder ein neues Produkt einfordern können, wenn sie innerhalb der Gewährleistungszeit einen Mangel reklamieren. Und im Gegensatz zum Parlament fordert der Rat, dass nicht nur die Ersatzteile, sondern auch die Reparaturen durch die Hersteller zu einem „angemessenen Preis“ erfolgen.
Wie auch immer die Trilog-Verhandlungen ausgehen, steht jetzt schon fest, dass die EU die Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen wird, Reparaturen für ihre Produkte anzubieten. Offen ist derzeit aber noch, ob die Reparaturen künftig günstiger werden und ob es einfacher wird, sie selbst durchzuführen.
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