Eine Studie aus den Niederlanden legt nahe, dass Hostingprovider für das Thema sexualisierte Gewalt gegen Kinder sensibilisiert werden müssen. Nur so reagieren sie schneller auf Löschanfragen.
Seit 2018 beobachtet die Technische Universität Delft zusammen mit der Kinderschutzorganisation EOKM in den Niederlanden, bei welchem Provider so genanntes CSAM-Material (Child Sexual Abuse Material, deutsch: Kindesmissbrauchsmaterial) gehostet wird und wie lange es dauert, bis es nach einer Meldung gelöscht wird. Dabei wurden fast 3.000 URLs bei 39 Providern angeschaut und ausgewertet.
Die Ergebnisse für das Jahr 2022 (PDF) zeigen gegenüber dem Vorjahr, dass die Reaktionszeit von der Meldung bis zur Löschung des Materials (Notice & Takedown) signifikant langsamer geworden ist. Während im Jahr 2021 etwa 87 Prozent des Materials nach 24 Stunden gelöscht war, waren es 2022 nur noch 40 Prozent. Die Ergebnisse stehen im Gegensatz zu den Entwicklungen in Deutschland, wo solche Inhalte immer schneller gelöscht werden.
Laut der Studie hängt die Löschzeit stark damit zusammen, ob die Provider für das Thema sensibilisiert sind und wieviel Druck gegen sie aufgebaut wurde. Die Studie konnte beobachten, dass Provider, die früher einmal in den Fokus gerieten wegen CSAM, heute viel schneller löschen als solche, die bislang nicht im Fokus waren.
Niederlande sind in Europa CSAM-Hoster Nummer 1
Feststellen konnte die Studie auch eine hohe Varianz und Polarisierung zwischen den Providern in solche, die immer sofort schnell reagieren, und solche, die gar nicht oder sehr langsam reagieren. In der Mitte befinden sich kaum Provider – man hat also eine Situation, in der es quasi nur Musterschüler und Sitzenbleiber gibt. In Zahlen: Bei 16 der 39 Provider waren 90 Prozent des inkriminierten Materials innerhalb von 24 Stunden gelöscht. Bei den schlechtesten 16 Providern waren nur 20 Prozent innerhalb dieser Frist gelöscht.
Erfreuliche Nachrichten gibt es aber auch: Insgesamt wurde 2022 weniger CSAM auf niederländischen Servern gehostet als im Vorjahr. Dennoch gehören die Niederlande laut der Statistik des deutschen Bundeskriminalamtes (PDF) weiterhin zu den Ländern, in denen ein großer Prozentsatz von CSAM gehostet wird. Laut einer Statistik von INHOPE (PDF) aus dem Jahr 2020 wurden mehr als drei Viertel aller in Europa gehosteten CSAM-Inhalte in den Niederlanden vorgehalten.
Partnerschaften gegen CSAM können helfen
Bei der Frage, welche Unternehmen solches Material hosten, zeigt sich, dass frühere Problem-Provider in den Folgejahren quasi aus der Statistik herausrutschen, offenbar weil sie bewusster handeln und schneller reagieren. Dafür erscheinen dann neue Provider, die früher keine Probleme hatten, in den TOP5 der CSAM-Hoster. So tauchte beispielsweise das Unternehmen Amarutu Technology plötzlich an der Spitze der CSAM-Hoster auf und reagierte kaum auf Löschanforderungen.
In der Zusammenfassung der Studie heißt es, dass Provider, die „öffentlich-private Partnerschaften gegen CSAM“ eingingen, deutlich reaktionsfähiger waren. Neben der erhöhten Reaktionsfähigkeit trennten sich die betroffenen Unternehmen von Kunden, bei denen immer wieder CSAM-Probleme auftauchten. Diese Kunden seien dann allerdings ins Ausland abgewandert.
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