Ticker

6/recent/ticker-posts

Ad Code

Responsive Advertisement

Telekommunikationsüberwachung: Polizei soll monatelang die Letzte Generation abgehört haben

Seit Oktober 2022 belauschte die Polizei 13 Telefonanschlüsse der Letzten Generation, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Auch das offizielle Pressetelefon war betroffen. Ein Problem sah der zuständige Ermittlungsrichter darin offenbar nicht.

Carla Hinrichs, Sprecherin des Aufstands der Letzten Generation, kündigt Brief an Regierung mit Forderungen an, Pressekonferenz am Reichstag,
Auch Carla Hinrichs Handy wurde abgehört. CC-BY 2.0 Stefan Müller

Die bayerische Polizei hat laut einer Recherche der Süddeutschen Zeitung (Paywall) seit Oktober 2022 insgesamt 13 Telefonanschlüsse abgehört, die die Letzte Generation nutzt. Außerdem hätten die Behörden Standortdaten ermitteln sowie E-Mails mitlesen dürfen. Die SZ beruft sich dabei auf interne Unterlagen.

Ende Mai gab es dann in mehreren Bundesländern Razzien gegen die Klima-Aktivist:innen. Es ging dabei um den umstrittenen Vorwurf, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben. Ob die Überwachung zu diesem Zeitpunkt noch stattfand, ist bisher nicht bekannt. Laut SZ habe ein Ermittlungsrichter die Überwachungsanordnung mindestens im Januar einmalig verlängert – bis zum 26. April.

Das Vorgehen passt zum Image des Paragrafen zur kriminellen Vereinigung. § 129 des Strafgesetzbuches gilt auch als „Schnüffelparagraf“. Zu entsprechenden Verurteilungen kommt es recht selten, dafür eröffnet er den Behörden ein breites Überwachungsarsenal.

Gespräche mit der Presse abgehört

Besonderes Interesse hatten die Ermittelnden offenbar auch an den Gesprächen der Aktivist:innen mit Medienschaffenden. Dem Bericht zufolge hörte das Bayerische Landeskriminalamt das offizielle Pressetelefon der Gruppe ab, die Gerichtsbeschlüsse dafür fertigte das Amtsgericht München an.

Für Abhörmaßnahmen, die Journalist:innen betreffen, gelten wegen der Pressefreiheit hohe Hürden. Doch in den Gerichtsbeschlüssen finde sich zu einer Abwägung dazu kein Wort, so die SZ. Stattdessen sei die Überwachung der Telefonnummer laut den schriftlichen Ausführungen des Ermittlungsrichters „erforderlich und unentbehrlich“, um Einblick in die Strukturen der Letzten Generation zu bekommen.

Viel gebracht hat dieser massive Eingriff in Privatsphäre und Pressefreiheit offenbar nicht. Die SZ zitiert einen Vermerk des Landeskriminalamts zu der Anschlussüberwachung: „Erkenntnisse über bevorstehende Aktionen, welche nicht bereits durch Pressemitteilungen oder -Konferenzen veröffentlicht wurden, konnten im Rahmen der Überwachung nicht festgestellt werden.“

Bayern führte 2020 die bundesdeutsche Statistik bei Telekommunikationsüberwachung mit 3.216 Erstanordnungen und 460 Verlängerungsanordnungen an. In 124 der Verfahren ging es dabei um „Straftaten gegen die öffentliche Ordnung“, zu denen auch die „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ gehört.


Die Arbeit von netzpolitik.org finanziert sich zu fast 100% aus den Spenden unserer Leser:innen.
Werde Teil dieser einzigartigen Community und unterstütze auch Du unseren gemeinwohlorientierten, werbe- und trackingfreien Journalismus jetzt mit einer Spende.

Enregistrer un commentaire

0 Commentaires