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Klagen lohnt sich: Videoüberwachung von beliebter Grünanlage in Passau illegal

Obwohl es wenig Kriminalität im Klostergarten gab, hatte die Stadt Passau dort zehn Videokameras installiert. Ein Bürger wehrte sich und zog durch die Instanzen. Jetzt hatte er Erfolg: Die Kameras sind rechtswidrig. Ein Beispiel, das Schule machen könnte.

Schild warnt vor Videoüberwachung.
Zu Demonstrationen schaltete die Stadt die Überwachung manuell ab – jetzt ist sie komplett illegal. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Dominik Kindermann

Seit 2018 hatte die Stadt Passau den Klostergarten mit zehn teilweise schwenkbaren Videokameras überwacht – obwohl die Kriminalität dort rückläufig war. Weil die Polizei deswegen keine Überwachung durchführen konnte, übernahm die Stadt dies auf Grundlage des Datenschutzgesetzes, das sie zur Sicherung ihres Eigentums ermächtigt. Der Klostergarten im Stadtzentrum ist ein beliebter Treffpunkt in der Stadt, auch für Demonstrationen aller Art.

Das Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat nun die langjährige Videoüberwachung des Passauer Klostergartens für rechtswidrig erklärt. Das Gericht gab damit der Berufung eines Passauer Bürgers recht, dessen Verfahren von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt wird. In der Pressemitteilung sagt das Gericht deutlich, dass die Videoüberwachung zur Erreichung des beabsichtigten Zwecks weder erforderlich noch geeignet sei. Die Stadt Passau habe die für eine Videoüberwachung erforderliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit der sich im Klostergarten aufhaltenden Personen oder für die öffentliche Einrichtung selbst nicht nachweisen können.

Vielmehr habe die Kriminalstatistik gezeigt, dass die Videoüberwachung keine „nennenswerte Auswirkung“ auf diese gehabt habe. „Bei der dargelegten Gefahrenlage würden die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen gerade bei der Ausübung von Freizeitaktivitäten das Interesse der Stadt Passau an der Videoüberwachung überwiegen. Der Kläger werde durch die Kameras in seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt“, so das Gericht weiter.

„Das Urteil ist ein großartiger Erfolg gegen Überwachung und für die Grundrechte. Die Stadt Passau muss jetzt endlich die zehn im Klostergarten installierten Kameras abbauen und aufhören, die Menschen dort zu überwachen“, sagt Lea Beckmann, Rechtsanwältin und Fallkoordinatorin der GFF.

Die Stadt Passau habe mit Kanonen auf Spatzen geschossen, sagt der erfolgreiche Kläger Josef Ilsanker. „Wir sind froh, den Platz jetzt wieder nutzen zu können, ohne anlasslos und willkürlich gefilmt zu werden.“ Ilsanker hatte mit der GFF 2019 Klage vor dem Verwaltungsgericht Regensburg erhoben. Die Berufung gegen die Entscheidung des Gerichts von 2020, die Klage als unzulässig abzuweisen, hatte nun Erfolg.

Aus Sicht der GFF ist die Entscheidung ein wichtiges Signal in Zeiten, in denen die Möglichkeiten zur Videoüberwachung in Polizei- und Versammlungsgesetzen immer mehr ausgeweitet werden. Videoüberwachung im öffentlichen Raum sei und bleibe ein intensiver Eingriff in Grundrechte, der nur unter sehr engen Bedingungen zulässig ist.

Eine Revision gegen das Urteil ist ausgeschlossen. Die Stadt Passau hat jedoch die Möglichkeit, eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht einzureichen.


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