Der „Stop CSAM Act“ sieht Klagemöglichkeiten gegen Messenger wegen der Verbreitung von sexualisierten Missbrauchsdarstellungen vor. Bürgerrechtler warnen vor einer Klageflut gegen verschlüsselte Dienste.
In der letzten Woche hat der US-Senat mit dem „Stop CSAM Act“ ein neues Gesetzesvorhaben eingebracht, das sich gegen Darstellungen sexualisierten Kindesmissbrauchs richten soll. Nach Ansicht der Bürgerrechtsorganisation EFF könnte das Gesetzesvorhaben sowohl Ende-zu-Ende-Verschlüsselung als auch die Meinungsfreiheit gefährden. Die EFF fordert deswegen, das Gesetzesvorhaben abzulehnen.
Der Gesetzentwurf hat „interaktive Computerdienste“ im Fokus, laut der EFF seien dies im weitesten Sinne private Messaging- und E-Mail-Apps, Social-Media-Plattformen, Cloud-Speicheranbieter und viele andere Online-Diensteanbieter. Geplant ist, dass es zu einer Straftat werden soll, wenn Anbieter Inhalte sexualisierten Kindesmissbrauchs (CSAM) „wissentlich hosten oder speichern“ oder die sexuelle Ausbeutung von Kindern, einschließlich der Erstellung von CSAM, auf ihren Plattformen „wissentlich fördern oder erleichtern“. Die Verbreitung von CSAM ist in den USA bereits verboten.
Weit gefasster zivilrechtlicher Anspruch
Hinzu kommt laut der Bürgerrechtsorganisation auch ein neuer zivilrechtlicher Anspruch, der Privatklagen gegen Internetunternehmen und App-Stores wegen der „Förderung oder Erleichterung“ der Ausbeutung von Kindern, des „Hostings oder Speicherns von Kinderpornografie“ oder des „Zugänglichmachens von Kinderpornografie für jedermann“ ermöglichen soll. Dies geschehe alles auf der Grundlage eines sehr niedrigen Fahrlässigkeitsstandards, so die EFF.
Außerdem wird ein Benachrichtigungs- und Löschsystem geschaffen, das von einem neu geschaffenen Ausschuss für den Schutz von Kindern im Internet beaufsichtigt wird und von den Anbietern verlangt, Inhalte auf Anfrage zu entfernen oder zu deaktivieren, noch bevor eine administrative oder gerichtliche Entscheidung vorliegt, dass es sich bei den Inhalten tatsächlich um CSAM handelt.
Damit geht das geplante Gesetz lange nicht so weit wie die europäische Chatkontrolle oder der britische Online Safety Act, welche derzeit von den Anbietern verlangen, die Kommunikationsinhalte und gespeicherte Dateien vor der Verschlüsselung zu durchsuchen. Dennoch sieht die EFF in den Formulierungen des Gesetzes große Fallstricke: Die Begriffe „fördern“ und „erleichtern“ seien weit gefasst, und die zivilrechtliche Haftung könne sehr schnell auferlegt werden. Es sei derselbe Standard, der bei Autounfällen und anderen Situationen angewandt wird, in denen der Beklagte nicht beabsichtigt hat, dass ein Schaden entsteht, dieser aber aufgrund von Unachtsamkeit oder auch nur Untätigkeit dennoch eingetreten sei.
Verschlüsselung als „Erleichterung“?
Weil die Verbreitung von CSAM heute schon verboten sei, könne es sein, dass die Bereitstellung von Verschlüsselung als Erleichterung für die Verbreitung des illegalen Materials angesehen werden könnte. Die Anwälte der Kläger:innen würden dann zu Unrecht argumentieren, dass die bloße Bereitstellung eines verschlüsselten Dienstes, der zur Speicherung beliebiger Bilder – nicht notwendigerweise CSAM – verwendet werden kann, die Weitergabe illegaler Inhalte unzulässig erleichtern würde.
Das Problem sei, dass nicht jede Plattform über die Ressourcen verfüge, um sich gerichtlich gegen solche Vorwürfe zu wehren. Dies betreffe vor allem neue Unternehmen und Apps. Insgesamt sieht die EFF Rechtsunsicherheiten auf die Plattformen zukommen. Sie fordert deswegen, dass zumindest „Ausnahmeregelungen für verschlüsselte Anbieter in den Gesetzestext“ aufgenommen werden.
Die EFF ist mit ihrer Einschätzung nicht allein. Ähnliche Probleme beschreibt auch der US-Techblogger Mike Masnick, der eine Flut von Gerichtsfällen auf Plattformen, aber auch kleine Mastodon-Instanzen zukommen sieht. Masnick befürchtet zudem, dass einige der Meldepflichten im Gesetz zu weiteren Rechtfertigungen für künftige Angriffe auf die Verschlüsselung führen könnten.
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