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Stadt Ulm gegen Communityprojekt: Unterlassungsklage gegen „Verschwörhaus“ jetzt vor Gericht

Die Stadt Ulm hat dem örtlichen Hackerspace nach einem Streit nicht nur die Räumlichkeiten genommen, sondern klagt gegen den Verein der Community wegen der Namensnutzung. Beim Landgericht Stuttgart war am Dienstag Prozessauftakt.

Bunt beleuchtetes Schaufenster mit Aufschrift Verschwörhaus.
Blick auf das alte Verschwörhaus. (Archivbild aus 2017) CC0 robbi5

Das einstige gemeinsame Leuchtturmprojekt der Ulmer Stadtverwaltung und einer Community aus dem Hacker:innen-Umfeld ist jetzt vor Gericht gelandet. Am vergangenen Dienstag haben sich die Stadt Ulm und der Verein „Verschwörhaus e. V.“ vor dem Landgericht in Stuttgart getroffen. Die Stadt Ulm klagt gegen den Verein auf Unterlassung bei der Nutzung des Namens „Verschwörhaus“.

Am ersten Verhandlungstag hörte der Richter nach Auskunft von Sprecher:innen des Verschwörhauses beide Seiten in der etwa anderthalbstündigen Verhandlung an und versuchte Stadt und Verein zu einer Einigung zu bringen. Während die Stadt darauf verweist, dass sie „gesprächsbereit“ sei, erklärt Gerhard Habiger, der Vorsitzende des Verschwörhaus-Vereins: „Nach mehreren Monaten der Verhandlungen mit der Stadt glauben wir nicht mehr an aufrichtige Verhandlungsangebote, da wir uns bisher stets dem Willen der Stadt beugen sollten, anstatt auf Augenhöhe über unsere Vorstellungen zu reden.“.

Vom Leuchtturm zum „Engagement-Killer“

Das Verschwörhaus war lange vor allem als erfolgreiche Zusammenarbeit von Verwaltung und Ehrenamtlichen bekannt gewesen. Es entstand 2015 auf Initiative von Menschen aus der Programmierer:innen-, Open-Data- und Maker-Szene. Die Stadt bezahlte die Räumlichkeiten, Ehrenamtliche gründeten den Verein Verschwörhaus e. V. und entfalteten zahlreiche Aktivitäten rund um die Digitalisierung. Zusätzlich wurde auf Seiten der Stadt eine Projektstelle geschaffen, die die Zusammenarbeit koordinierte.

Bei der Stadt lief das Projekt lange Zeit unter dem Namen „Stadtlabor“, während die Aktivist:innen nach eigener Auskunft den Namen „Verschwörhaus“ erfanden und gegen anfänglichen Widerstand der Stadt durchsetzten. Lange Zeit funktionierte das Projekt gut, es gab Fördergelder und gute Presse, bis die Stadt eine Neuausrichtung plante und die Community damit überraschte.

Der Streit kulminierte, als im vergangenen Jahr herauskam, dass die Stadt Ende 2021 den Namen „Verschwörhaus“ und das Logo des Projektes beim europäischen Markenamt EUIPO für sich selbst registriert hatte. Dagegen legte der Verein Widerspruch ein, die Stadt koppelte den weiteren Nutzungsvertrag an die Rücknahme desselben. Dem kam die Community nicht nach. Im Juni des vergangenen Jahres hatte die Stadt Ulm die Schlösser zum „Verschwörhaus“ austauschen lassen. Das war bis dahin der Höhepunkt der Eskalation zwischen Stadtverwaltung und der Community, die das Projekt betrieb.

Die Stadt kann nicht gewinnen

Danach klagte die Stadt gegen den Verein auf Unterlassung, die Verschwörhaus-Community reagierte mit einer Widerklage, die der Stadt die Nutzung untersagen sollte. Bei der Unterlassungsklage setzte die Stadt den Streitwert mit einem sechsstelligen Betrag so hoch an, dass das Verfahren direkt beim Landgericht in Stuttgart landete. Für den Verein bedeutet das nicht nur viel Arbeit, die nicht in die eigentlichen Vereinsaktivitäten gesteckt werden kann. Es gibt auch ein finanzielles Risiko: Bis zu 30.000 Euro könnte es den Verein laut dessen Aussagen kosten, durch alle Instanzen zu gehen.

Das alles sei ein „Engagement-Killer“, sagt Lisanne Wolters, die im Verein aktiv ist. Derzeit ist der Verein auf der Suche nach einem neuen Haus für seine Aktivitäten. Im Verein verweisen einige darauf, dass auch andere Vereine und Ehrenamtliche nicht nur in Ulm genau schauen, was hier schief läuft. Wie ist der Umgang von Verwaltungen mit ehrenamtlichen Engagement? Wo sind Knackpunkte und was kann alles schiefgehen? Für die Stadt dürfte selbst ein gewonnenes Verfahren ein Pyrrhus-Sieg sein. „Der Name Verschwörhaus ist doch nach der Nummer gegen die Community für die Stadt verbrannt“, sagt Jurek Lang vom Verschwörhaus.

Das Tischtuch zwischen den einstigen Partnern ist nach der langen Vorgeschichte zerschnitten, eine gütliche Einigung kaum mehr denkbar. Deswegen geht es nun in die schriftliche Verhandlung, bei der beide Seiten noch einmal ihre Version darlegen müssen. Das Gericht wird am 21. März eine Entscheidung verkünden. Das kann ein Urteil sein oder eine weitere Beweisaufnahme. Gerhard Habiger vom Verschwörhaus-Verein ist guter Dinge, das Verfahren zu gewinnen, „weil wir sachlich sehr fundiert argumentieren“. Die Stadt Ulm will sich auf Nachfrage von netzpolitik.org nicht zum laufenden Verfahren äußern.


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