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Vor EU-Konsultation: Netz-NGOs wollen Netzneutralität retten

Bereits nächste Woche könnte die EU-Kommission einen Prozess starten, der die Netzneutralität in Gefahr bringt. Zivilgesellschaftliche Gruppen wollen dabei nicht nur größtmögliche Transparenz, sondern auch Mitsprache.

Der französische EU-Kommissar Thierry Breton ist für seine Industrienähe bekannt – und das könnte die Netzneutralität in Gefahr bringen. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / ZUMA Wire

Zivilgesellschaftliche Gruppen appellieren erneut an die EU-Kommission, die Netzneutralität nicht vorschnell über Bord zu werfen. Bislang habe die Kommission nicht ausreichend auf ihre Sorgen reagiert, heißt es in einem heute veröffentlichten Brief an die Brüsseler Behörde. Unterzeichnet haben ihn der Chaos Computer Club, Epicenter.works und über ein Dutzend anderer europäischer und internationaler NGOs.

Derzeit denken die EU-Kommissar:innen Thierry Breton und Margrethe Vestager über Zugangsgebühren für Online-Dienste wie Netflix und Youtube nach, die in den europäischen Breitbandausbau fließen sollen. Die Idee geht auf einen Vorschlag großer Netzbetreiber zurück, darunter die Deutsche Telekom und Orange aus Frankreich. Sie wünschen sich ein zusätzliches Zubrot dafür, dass sie die Angebote populärer Online-Dienste über ihre Leitungen zu den Endkund:innen transportieren.

Anhaltender Protest

Im Juni hatte das breite Bündnis scharfe Kritik an Kommissionsplänen geäußert. „Inhalteanbieter für die Nutzung von Internet-Infrastruktur zu Kasse zu bitten, würde elementare Schutzvorkehrungen der Netzneutralität untergraben“, warnten sie in einem Brief an die Kommission.

In ihrer formellen Antwort von Anfang Dezember betonen die beiden zuständigen Kommissar:innen zwar, an der Netzneutralität festhalten zu wollen. Allerdings brauche es Anreize für Investitionen, um die Gigabit-Ausbaupläne europaweit umzusetzen. Zudem wolle Brüssel ein Ökosystem schaffen, von dem alle profitieren würden. Ähnlich hatte die Kommission zuletzt im Oktober einer Gruppe von EU-Abgeordneten geantwortet. Auch diese werten Zugangsgebühren als „ernsthaftes Risiko“ für das offene Internet.

Ein konkreter Vorschlag der Kommission liegt noch nicht vor. Es wird erwartet, dass Ende Dezember, womöglich schon nächste Woche, dazu ein öffentlicher Konsultationsprozess startet. Allein die Auswahl der Fragen dürfte bereits einen Einblick gestatten, wie der Rest der Debatte und der Gesetzesvorschlag selbst ausfallen werden. Schließlich lässt der von den großen Telekommunikationsunternehmen favorisierte „Sending-Party-Network-Pays“-Ansatz einige entscheidende Fragen offen, darunter den Schutz der Netzneutralität oder eine faire Verteilung der Mittel.

Ob der Flurfunk richtig liegt, bleibt aber noch offen: So tauche die sogenannte „Fair Share“-Debatte nicht im laufenden Arbeitsprogramm der Kommission auf, kritisieren die NGOs im aktuellen Brief. Ebenso fehle eine Folgenabschätzung, die Pflicht für ein derartiges Gesetzesvorhaben sei. In jedem Fall müsse die Kommission den Gesetzgebungsprozess so transparent wie möglich ablaufen lassen und auch die Zivilgesellschaft einbeziehen, fordern die NGOs.

Fragwürdiger Ansatz

Außer bei den großen Telekommunikationsunternehmen, die diesen Plan in die Welt gesetzt haben, kommen die Überlegungen zu den Zugangsgebühren nicht gut an. So hatte das Gremium europäischer Telekom-Reguierer GEREK jüngst in einer Untersuchung kein Marktversagen festgestellt und warnt vor „signifikanten Schäden für das Internet-Ökosystem“.

Auf die Barrikaden gehen auch Verbraucherschützer:innen wie der europäischen Dachverband BEUC. Demnach könnten Zugangsgebühren zu Marktverzerrungen führen und die Netzneutralität beschädigen. Der deutsche Betreiberverband Breko wirbt derweil für eine Fonds-Lösung, damit etwaige Mehreinnahmen auch tatsächlich gerecht verteilt werden.

Dass viele EU-Länder an erfolgreichen und oft steuerschonenden Geschäftsmodellen der IT-Branche mitnaschen wollen, scheint indes sicher. So findet sich in der jüngsten EU-Erklärung für Digitale Grundrechte die Passage, dass alle Marktteilnehmer einen „fairen und verhältnismäßigen Beitrag“ leisten sollten. Ähnliche Formulierungen tauchen in immer mehr EU-Papieren auf, zuletzt etwa im Ratsbeschluss über den digitalen Wandel der EU. Im Vorschlag der Kommission war der entsprechende Satz noch nicht enthalten.


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