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Kann Hetenfeindlichkeit enthalten: Elon Musk, eine Meeresbiologin und Kinderrechte

Schlechte Nachrichten gibt es genug, zum Beispiel von Twitter. Unser Kolumnist will deswegen einfach mal was Schönes schreiben. Vor 33 Jahren wurde die Kinderrechtskonvention verabschiedet. Eine Meeresbiologin hätte sich mehr mit Fischen beschäftigen sollen und heute ist der Trans Day of Remembrance.

Symbolbild - diverse runde Lichtpunkte
Symbolbild – all dots are beautifull CC-BY-NC-SA 4.0 owieole

Heute vor 33 Jahren wurde die Kinderrechtskonvention von der Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet und es hat nur knapp zehn Monate gedauert, bis sie von genug Staaten ratifiziert wurde und in Kraft treten konnte. Viele denken bei der Kinderrechtskonvention vor allem an das Verbot Kinder als Soldaten einzusetzen und das ganze andere Gräuel.

Sie beinhaltet aber auch Verpflichtungen von Staaten gegenüber Kindern, zum Beispiel in Artikel 6 Absatz 2: „Die Vertragsstaaten gewährleisten in größtmöglichem Umfang das Überleben und die Entwicklung des Kindes.“

Oder: „Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.“ So steht es in Artikel 12.

Mal was Schönes zum Teilen

Ich wollte diesen Sonntag über etwas Schönes schreiben. Etwas, das gelesen wird und dann den Lesenden ein wohlig warmes Gefühl im Magen verursacht. Etwas, das man den Eltern auf WhatsApp schickt, auf Facebook teilt und am Ende noch einen Toot und einen Tweet absetzt. Denn schlechte Nachrichten haben wir ja zu genüge.

Elon Musk hat Twitter gekauft und wir können alle der Clown-Show live zusehen. Das ist mehr Schadenfreude als wohlig warmes Gefühl im Magen und andere schrieben das besser auf, weil sie mehr Zeit auf Twitter verbringen. Für die Distinktion bin ich momentan mehr am tooten als am tweeten und hab gar nicht *alles* mitbekommen, sondern nur zwei Drittel der ganzen Shitshow. Ich geh schon mal in Deckung, falls gleich wieder irgendwo ein Musk-Fan aus dem Nichts kommt und sich vor mein gehässiges Geschwafel wirft, um seinen Meister zu beschützen. Spoiler: Du wirst nie so reich wie er und Musk bist du egal.

Artikel 16 der Konvention setzt noch ein paar Pflichten oben drauf: „Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Sozial- und Bildungsmaßnahmen, um das Kind vor jeder Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung, Schadenszufügung oder Misshandlung […] zu schützen, so lange es sich in der Obhut der Eltern oder eines Elternteils befindet.“

Probleme mit Pronomen

Heute vor 63 Jahren wurde von der Vollversammlung der Vereinten Nationen die „Deklaration über die Rechte des Kindes“ verabschiedet. Sie hat immerhin 30 Jahre gehalten. Ob Musk sich so lange bei Twitter hält?

Es bleibt auf jeden Fall spannend. Und ja, Musk hat von einer Sache noch nicht genug: Häme. Wir sollten bei Milliardären eh alle mehr Häme zeigen. Vor allem bei einem Milliardär, der den Kommunismus dafür verantwortlich macht, dass seine Tochter Vivian nichts mehr mit ihm zu tun haben will. Vivian musste 18 Jahre alt werden, um sich von ihrem Vater distanzieren zu können und staatlich anerkannt zu bekommen, dass sie eine Frau ist.

Artikel 24 Absatz 1: „Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit an sowie auf Inanspruchnahme von Einrichtungen zur Behandlung von Krankheiten und zur Wiederherstellung der Gesundheit. Die Vertragsstaaten bemühen sich sicherzustellen, dass keinem Kind das Recht auf Zugang zu derartigen Gesundheitsdiensten vorenthalten wird.“

„Zur Wiederherstellung der Gesundheit“: da kann doch niemand was gegen sagen. Ist doch gut, wenn unsere Kinder und Jugendlichen gesund sind, oder? Mitte 2018 erst wurden alle mit trans zusammenhängenden Kategorien aus dem ICD gestrichen, der international gültigen Liste von Krankheitsdiagnosen. Die eigene geschlechtliche Identität wurde bis dahin als Krankheit bewertet und die Gesundheit muss wieder hergestellt werden. Auch heute, jetzt gerade, versucht wieder jemand, queeren Menschen zu erzählen, dass sie sich selbst einfach nur falsch sehen. Dass es nur zwei Geschlechter gibt. Ja gut, schwul oder lesbisch geht, aber alles andere ist doch krank.

Elon Musk hat schon länger ein Problem mit Pronomen und ich kann mir wirklich nicht vorstellen, warum seine Tochter nichts mit ihm zu tun haben will und deswegen vor Gericht geht.

Fisch zerstört die Theorie

Meine Lieblingsbiologin, über die ich schon vor drei Monaten schrieb, hatte sich in ihrer Transfeindlichkeit zu der einen oder anderen Holocaustleugnung hinreißen lassen. Das wurde ihr vorgeworfen, diesen Vorwurf wollte sie loswerden und jetzt hat sie vor Gericht verloren. Ob man jetzt aber „Marie leugnet den Holocaust“ sagen darf, das wird die Berufung entscheiden, die sie vermutlich einlegen will.

Marie muss allerdings nicht nur wegen der Gerichtsverfahren ganz tapfer sein. Auch ihre Herleitung – „bei Fischen gibt es nur zwei Geschlechter, also ist das bei Menschen auch so“ – wurde von einem Fisch zerstört. Der Fisch lebt 40 bis 70 Meter tief unter Wasser, wird weiblich geboren und dann irgendwann männlich. Gut, das mit den Fischen ist nicht neu. Eventuell war Frau Vollbrecht einfach nicht ganz aufmerksam im Studium, aber das kann ich natürlich nicht beurteilen, ich bin kein Meeresbiologe.

Wir zünden Kerzen an, ihr hört zu

Ich fange nochmal an: Heute vor 23 Jahren wurde der Transgender Day of Remembrance ins Leben gerufen. Er erinnert an die Mordopfer von Transphobie. Wir zünden Kerzen an, lesen ihre Namen vor. Auch von denen, die sich selbst getötet haben.

Trans Jugendliche haben ein erhöhtes Suizid-Risiko. Sie bekommen weder die medizinische Versorgung die sie brauchen noch werden sie vor Eltern geschützt, die sie ablehnen und im schlimmsten Falle gewalttätig werden. Alles Dinge, die ihnen laut Kinderrechtskonvention zustehen. Die Vertragsstaaten gewährleisten ihnen nicht im größtmöglichen Umfang das Überleben und die Entwicklung, wie es doch Artikel 6 vorschreibt.

Es muss nicht immer gleich das Schlimmste sein. Es muss nicht mal körperliche Gewalt sein. Die Konvention will im Endeffekt ein Umfeld für Kinder und Jugendliche schaffen, in dem sie sich entwickeln können, aufblühen und sich nicht verstecken und selbst verleugnen müssen.

Die Realität ist aber, wie es der Zaunfink auf Mastodon beschreibt: „Queer sein kann heißen, Lebensjahre zu betrauern, die man damit verbracht hat, eine Spur zu finden, unsichtbar zu bleiben, die Luft anzuhalten, sich wegzufühlen, im Nebel zu stochern, nach Worten zu suchen, Fragen kaum zu wagen und vor Antworten zu fliehen. Jahre, in denen man einfach hätte leben können. […] Ich hoffe, dass es jüngeren Generationen irgendwann erspart bleibt.“

In einer Welt, in der Kinder und Jugendliche den Raum haben, Fragen zu stellen, sich in Frage zu stellen, uns Erwachsene in Frage zu stellen und egal welche Fragen sie stellen unterstützt werden, in so einer Welt müssten wir nicht über verlorene Jahre und Leben trauern.

Wir zünden heute Kerzen an und lesen ihre Namen vor. Und ihr hört gefälligst zu.


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