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re:publica: Ukraine: Auslandskorrespondenten beklagen russische Kampagnen gegen ihre Arbeit

Ein ukrainischer Soldat läuft durch eine zerstörte Scheune. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / NurPhoto

In die Zukunft schauen, neue Ideen entwickeln: Dafür sollte die re:publica dieses Jahr eigentlich dienen. Doch der Blick nach vorne ist schwer, wenn schon die Gegenwart überfordert – denn auch der Ukraine-Krieg war Thema auf der Konferenz. In der Diskussion um Berichterstattung im Krieg kamen am vergangenen Mittwoch vier Journalist:innen auf die überwältigende Macht der russischen Propaganda zu sprechen, hinterfragten aber auch kritisch ihre eigenen Standpunkte.

Russlands Kampagne

Einigkeit herrscht über das Maß an Gefahr, das von russischer Propaganda ausgeht. Ina Ruck, Russlandkorrespondentin für die ARD, berichtet häufig auch von Protesten gegen den Krieg. Diese Beiträge rufen „gezielte Kampagnen“ aus Russland hervor, sagt sie. Es hieße dann, die Berichte wären einseitig, obwohl sie die Festnahmen von Demonstrant:innen mit eigenen Augen gesehen habe. Die Maßnahmen gegen kritische Berichterstattung in Russland sind vielfältig. Medien sollen nicht nur durch Troll-Armeen im Internet zum Schweigen gebracht werden, sondern auch durch Gesetze, die angeblich Fehlinformationen verhindern sollen.

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„Das ist eine Qualität von Bedrohung, mit der ich erst noch lernen muss umzugehen“, sagt Ruck auf der re:publica. Auch Georg Restle, Moderator der WDR-Sendung MONITOR, ist Anfeindungen gewohnt. Es ginge darum, Stimmen durch Propaganda mundtot zu machen. „Das habe ich so noch nicht erlebt. Und ich habe schon einiges erlebt“, sagt er in ein schweigendes Publikum hinein. Die ukrainische Journalistin Katja Goncharova betont die Bedeutung des Kampfes gegen russische Propaganda, da diese eine nachhaltige Wirkung habe. Eine Toleranz russischer Desinformation ist für sie keine Option.

Ina Ruck berichtet mittlerweile aufgrund der Einschränkungen in Russland nicht mehr über den Krieg. Es falle ihr schwer, neutral über Dinge in Russland zu berichten, weil „die so bodenlos sind“. Die Haltung von Journalist:innen im Ukraine-Krieg war in der Diskussion fast allgegenwärtig. Müssen Medien etwa die russische Seite zu Wort kommen lassen? ZDF-Auslandskorrespondentin Katrin Eigendorf findet es wichtig, „dass wir verstehen, was in Russland abgeht. Aber ich muss nicht russische Propaganda wiedergeben“ – Sachen zu belegen, nicht zu verdammen sei ihre Aufgabe. Dennoch bekomme sie viel Kritik. „Ich habe auch Haltung bezogen gegenüber den Taliban in der Berichterstattung. Da wurde mir nie vorgeworfen, distanzlos zu sein“, sagt sie.

Neutralität auch bei Kriegsverbrechen?

Zu der Frage, ob auch die Ukraine Propaganda betreibe, sind sich die vier Journalist:innen fast einig. Eigendorf meint, dass die Entscheidung Leichen aus Butscha zu zeigen, grenzüberschreitend, aber keine Propaganda, sondern verzweifelte PR war. Die Tatsachen seien nicht verdreht worden. Trotzdem gebe es PR-Leute, die für die Ukraine in den sozialen Medien lobbyierten und immer wieder Opfer vor die Kamera zerrten. „Dieses Recht kann man ihnen nicht absprechen, aber als Journalisten müssen wir berichten, was angemessen ist“, sagt die Korrespondentin. Goncharova hingegen regt an, das als Hilfeschrei der Ukraine zu verstehen.

Differenzen gab es um die Bezeichnung von Kriegsverbrechen. Die ARD-Journalistin Ina Ruck meint: „Ein Kriegsverbrechen erst Kriegsverbrechen zu nennen, wenn es ein Urteil gibt, halte ich für völlig legitim“ Auch Restle spreche bisher von Gräueltaten, aber höchstens von mutmaßlichen Kriegsverbrechen. „Das gibt der schleichenden russischen Propaganda eine Chance“, kontert Goncharova. Es gehe darum, den Leuten Zweifel einzupflanzen, ob nicht doch alles etwas einseitig sei und die Ukrainer:innen vielleicht nicht doch alle Faschisten.

Auch Restle sorgt sich wegen dieser Form der Propaganda. Auf Nachfrage von netzpolitik.org fordert er die Medien auf, mehr Geld in die Hand zu nehmen, um dem mit „validen Informationen etwas entgegenzusetzen“. „Ich bin ein Gegner von zu starker Regulierung, sondern finde, eine gut informierte Zivilgesellschaft weiß das alles einzuordnen. Ich habe nur meine Zweifel angesichts der Dimension dieser Kampagnen und wie weit das in die Mitte der Gesellschaft hineinreicht“, äußerte er sich am Mittwoch. Um das auszuhalten und zu kontern brauche es gute Journalist:innen und ein deutlich stärkeres Engagement der Medienhäuser. In den letzten Jahren sei viel zu viel Raubbau betrieben worden, auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, so der ARD-Moderator. Zum Ende, als schon alle klatschen und sich auf den Weg machen, fordert er die Leute auf, Druck zu machen auf die Medien. „Berichterstattung ist zentral, auch für die zukünftige Entwicklung dieses Kontinents“ – ob die Menschen ihm noch zuhören, ist in dem Trubel nicht mehr wahrzunehmen.


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