Erst kürzlich ging es in einem unserer Wochenmeetings heiß her. Das gesamte Team bespricht auf diesen Treffen mal unkontroverse Kleinigkeiten wie neue Kalender-Plug-ins, aber auch etwas delikatere Happen wie die Frage, wann es bei uns mit dem Home Office vorbei ist und was das neue Normal sein soll. Die Pole könnten nicht viel weiter auseinander liegen. Von kompletter Rückkehr ins Büro bis zu maximal einem Bürotag in der Woche ist alles dabei.
Rein in ein neues Leben – raus aus dem neuen Leben!
Die Gründe für das eine oder andere sind genauso nachvollziehbar wie gegensätzlich. Es gibt Menschen, die besser in ihren eigenen vier Wänden arbeiten können. Anderen fällt die Decke auf den Kopf. Die meisten sehnen sich zurück nach echtem Kontakt und lautem Lachen, das durch die Wände dringt. Nur über die Dosis herrscht Uneinigkeit.
Es kommt auch darauf an, ob man auf Kooperation angewiesen ist oder die eigene Arbeit eine Einzelkämpferstelle ist. Ob man sich im Chat in einer Gruppe verstecken kann oder einzige Ansprechperson für etwas ist. Ob man kreativen Austausch braucht oder nicht. Ab welcher Inzidenz das gemeinsamen Arbeiten vor Ort verantwortbar ist. Ob das Fenster den ganzen Tag offen bleiben soll oder nicht. Ob jemand Kinder in die Kita bringen muss oder sich in der Pandemie vielleicht ein Haustier zugelegt hat. In zwei Jahren Pandemie gestaltet sich das Leben neu – mit unklarem Ablaufdatum.
Die Anpassungsleistung an die Pandemie war notwendig und ist schon geschehen. Die Frage, was wir davon rückgängig machen können, wollen und sollen, ist keine Frage nur für dieses Büro. Auf welches Leben stellen wir uns ein? Und was sind individuelle Entscheidungen, für die wir auch selbst den Preis zahlen müssen?
Wann ist es Zeit, sich anti-intuitiv zu verhalten?
Ich für meinen Teil fand es schon immer absurd, dass es normal sein soll, so viel Zeit mit Menschen zu verbringen, die man sich nicht ausgesucht hat. Und egal, wie gut man sich mit den lieben Kolleg:innen versteht, bleibt es doch eine soziale Anpassungsleistung, die Energie erfordert – gleichwohl aber auch Energie geben kann. Vor zwei Jahren war es fast undenkbar, nicht ins Büro zu kommen, nur weil einem zum Heulen zumute war oder man die Arbeit in die Abendstunden verlegte, weil es der einzige sonnige Tag seit Wochen war, oder ein Freund gerade Hilfe brauchte. Arbeit ist auch eine Unterbrechung der privaten Lebensrealität, im besten wie im anstrengendsten Sinne.
Und ja, manchmal hilft es, sich anti-inuitiv zu verhalten. Wie bei einem Kater zu duschen, aufzustehen, rauszugehen, frische Luft zu schnappen. Wie mit der Wohnungseinrichtung oder Klamotten – das, was gefällt, ist nicht zwingend das, womit man sich wohlfühlt. Bei Menstruationsschmerzen zuhause bleiben zu können, ist allerdings tatsächlich besser.
Sich den eigenen Bedürfnissen und Notwendigkeiten entsprechend verhalten zu dürfen, ist eine schöne Sache, die jedoch zum Kater werden kann. Wann ist der Zeitpunkt, sich wieder anti-intuitiv zu verhalten? Und gibt es das Beste aus beiden Welten? Wenn Menschen auf unterschiedliche Weise unterschiedlich gut arbeiten können, braucht es vielleicht auch nicht für alle dieselben Regeln. Stracciatella ist schließlich auch nicht die Lösung, wenn eine Schokoeis, der andere Vanilleeis will. Es ist nicht einfach, gegensätzliche Perspektiven im Konsens zu lösen. Gute Kompromisse bedeuten immer Zugeständnisse von allen Seiten. Wir sind noch beim Tauziehen.
Wir vermissen uns oft, darin sind wir uns einig. Wie ist es bei euch? Was nehmt ihr aus der Erfahrung mit?
Die harten Zahlen
Der Februar ist immer das Sorgenkind des Jahres, der leicht die Januar-Euphorie trüben kann. Aber nach so langer Zeit wissen wir auch, dass der Februar nicht überbewertet werden darf. Umso mehr freut es uns, dass wir trotzdem eine fünfprozentige Steigerung zum Vorjahresfebruar verzeichnen konnten. Insgesamt kamen Spenden in Höhe von 48.808 Euro zusammen. Damit sind wir von unserem monatlichen Spendenziel noch ein Stück entfernt.
Wir schrieben schon letztes Jahr, dass wir mittelfristig ca. 65.000 Euro Spenden im Monat benötigen – auch um das Jahresende etwas zu entzerren. Bislang erhalten wir im Dezember oft ein Drittel unseres gesamten Spendenvolumens. Dafür gehen im Team aber auch alle an ihre Grenzen. Um ein gesundes Arbeitsumfeld im gesamten Jahr zu schaffen, streben wir daher an, auch schon vorher darauf hinzuweisen, dass wir spendenfinanziert sind.
Bei netzpolitik.org beliefen sich die Personalkosten im Februar auf 64.819 Euro. Die Miete für Berlin und Brüssel schlug wie immer mit 4.564 Euro zu Buche. Für unsere Freien und für buchhalterische Fremdarbeit gaben wir 3.656 Euro aus. Zu den außergewöhnlichen, aber geplanten Kosten zählen die Gebühren für den Zahlungsdienstleister Twingle (5.713 Euro). Mittlerweile läuft ein Drittel aller Spenden über Twingle, was sich am Ende auch in den Gebühren widerspiegelt, die halbjährlich berechnet werden. Da der Dezember 2021 noch in der Abrechnung liegt, sind die Gebühren höher als im ersten Halbjahr. Wir sind dennoch höchst zufrieden damit und sehen seit Einführung des Tools einen deutlichen Spendenzuwachs.
In Summe kamen wir auf Ausgaben in Höhe von 83.747 Euro, was zu einem Defizit von 34.520 Euro im Februar führte. Damit haben wir im Februar 2022 ein ähnliches Defizit wie im Februar 2021 – das Spendenziel haben wir am Ende des Jahres dennoch erreicht. Nach wie vor müssen wir im Großteil des Jahres mehr Geld ausgeben, als wir einnehmen, da die Mittel des Vereins zeitnah für die Umsetzung des Vereinszwecks eingesetzt werden müssen. Von Februar bis November mit Defiziten zu arbeiten, sieht dann nach außen erst einmal merkwürdig aus, aber wir müssen immer die Gratwanderung schaffen, so viele Rücklagen zu haben, dass ein nachhaltiger Geschäftsbetrieb möglich ist und so viel Geld auszugeben, dass die Mittel zeitnah verwendet werden.
Idealerweise würde unser Jahr im Dezember beginnen, damit klarer wird, dass wir den Überschuss aus dem Dezember im Rest des Jahres ausgeben. Wir bleiben aber dabei: Auch unser Jahr beginnt im Januar und wir versuchen, euch so gut wie möglich zu vermitteln, welche Entscheidungen wir auf welcher Grundlage treffen. Unsere Budgetplanung für dieses Jahr orientiert sich an den Spendeneinnahmen vom letzten Jahr und im Verhältnis zu unseren Rücklagen.
Jede eurer Spenden geht in jedem Fall in unsere netzpolitische Berichterstattung und wir danken euch riesig für eure Treue!
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