Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FPD hat in ihrem Koalitionsvertrag ein „Recht auf Reparatur“ für Geräte wie Handys und Laptops angekündigt. Der Zugang zu Ersatzteilen und Reparaturanleitungen müsse sichergestellt werden, auch müssten Firmen eine bestimmte Zeit Softwareupdates garantieren. Doch bei dieser Ankündigung dürfte die Koalition sich größtenteils auf die EU-Kommission in Brüssel verlassen, wie sich nun herausstellt.
Das Recht auf Reparatur ist eine langjährige Forderung von Verbraucherschützer:innen und unabhängigen Reparaturwerkstätten. Denn bislang sind viele elektronische Geräte so gebaut, dass sie nur schwer repariert werden können – etwa, weil Akkus im Gerät verklebt sind oder sich kaputte Displays schwer tauschen lassen. Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Handys in Deutschland beträgt derzeit nur rund zweieinhalb Jahre – Altgeräte sorgen für viele Tonnen an Elektromüll. NGOs fordern, durch rechtliche Maßnahmen die durchschnittliche Haltbarkeit von Handys auf bis zu zehn Jahre zu erhöhen.
In Interviews hatte die zuständige Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) eine gesetzliche Vorschrift zu dem Thema versprochen, zuletzt etwa im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“. Betreffen soll die Regelung elektronische Geräte, aber auch elektrische Zahnbürsten und andere Haushaltsgeräte. „Angesichts der abertausenden Konsumgüter lässt sich das Recht auf Reparatur aber nicht mit nur einem einzigen Gesetz umsetzen“, sagte Lemke der Zeitung. Aus ihren Äußerungen und Antworten eines Pressesprechers aus ihrem Haus an netzpolitik.org wird deutlich, dass das Umweltministerium jedoch keine von der EU unabhängige nationale Regelung plant.
Für das Recht auf Reparatur wesentliche Regelwerke seien „die Ökodesign-Richtlinie auf EU-Ebene und das Warenkaufrecht im BGB, das auf der EU-Warenkaufrichtlinie basiert“, betonte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums. Die Ökodesign-Richtlinie schreibt Mindeststandards für die Nachhaltigkeit von Geräten vor, 2019 wurde sie auf Waschmaschinen, Geschirrspüler und Fernseher ausgeweitet.
Elektronische Geräte wie Handys sind bislang nicht erfasst, die EU-Kommission möchte das aber ändern. Sie wollte einen Gesetzesvorschlag ursprünglich schon vergangenes Jahr vorlegen, hat das aber auf die zweite Hälfte 2022 verschoben. Die Neuerungen sollen Handys und Tablets umfassen. „Derzeit wird die entsprechende Durchführungsmaßnahme für diese Produktgruppe in Brüssel verhandelt“, sagt der Ministeriumssprecher. „Wesentliche Inhalte der Maßnahme sind die Lebensdauer der Geräte und ihrer Akkus, Reparierbarkeit, Verfügbarkeit von Ersatzteilen.“
vzbv: „Regierung muss zügig Weichen stellen“
Als flankierende Maßnahme möchte das Bundesumweltministerium auch am Warenkaufrecht drehen. Dieses setzt eine EU-Richtlinie um, bereits vor der Wahl hat der Bundestag im Sommer einen Entwurf beschlossen. Die mit Jahresanfang gültige Neuregelung schuf etwa bereits Update-Pflichten für Hersteller digitaler Geräte. Das Bundesumweltministerium will aber darüber hinaus prüfen, ob bei es bei der nationalen Umsetzung noch Spielräume für weitere Verbesserungen bei der Reparierbarkeit gibt. „Das BMUV setzt sich im Rahmen des Warenkaufrechts dafür ein, die Gewährleistung für langlebige Geräte zu stärken und zu verlängern und die Beweislastumkehr für diese Produkte auf zwei Jahre auszuweiten“, sagte ein Sprecher. Hierzu sollten auch IT-Geräte zählen. Ob das bedeuten könnte, das gerade erst geänderte Warenkaufrecht neuerlich anzupassen, ließ er offen.
Verbraucherschützer:innen zeigen sich angesichts der Äußerungen der Umweltministerin skeptisch. Um beim Recht auf Reparatur schneller voranzukommen, könnte und sollte die neue Bundesregierung auch national handeln, sagte Elke Salzmann, Referentin Ressourcenschutz des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Bisherige Ankündigungen gingen nicht über das hinaus, was auch schon die vorherige Regierung versprochen habe. „Die Regierung muss zügig die Weichen für haltbare und reparierbare Produkte stellen“, so Salzmann.
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