Ticker

6/recent/ticker-posts

Ad Code

Responsive Advertisement

Netzwerkanalyse: So isoliert sind Kanäle von Coronaleugner:innen auf YouTube

Ausschnitt der Netzwerkanalyse von Fynn Kröger.

Auf YouTube gibt es eine Parallelwelt, diesen Schluss zieht zumindest der YouTuber Fynn Kröger vom Kanal Ultralativ nach einer Datenanalyse. In seinem aktuellen Video hat er sich angeschaut, wie YouTube-Kanäle in Deutschland miteinander vernetzt sind. Kröger veröffentlicht seit Jahren kritische Videoessays über YouTube und und die digitale Öffentlichkeit.

Dafür hat Kröger eine Netzwerkanalyse erstellt. Das ist eine gängige wissenschaftliche Methode, um die wechselseitigen Beziehungen zwischen Akteur:innen in sozialen Netzwerken sichtbar zu machen. In diesem Fall wird jeder untersuchte YouTube-Kanal durch einen Kreis dargestellt. Die Verbindungslinien zeigen an, wie die Kanäle durch Abonnements miteinander verknüpft sind.

Das Ergebnis: Während die anderen Kanäle der Untersuchung eher eng miteinander verbunden sind, bilden Kanäle von Coronaleugner:innen ein eher isoliertes Knäuel. Kröger nennt es in seinem Video das „Verschwörungscluster“.

Netzwerkanalyse mit rund 7.500 YouTube-Kanälen

Eine Vorschau der Netzwerkanalyse zeigt die wichtigten Cluster: in Lila das "Verschwörungscluster", in Grün sonstige deutschsprachige YouTube-Kanäle, in Rot englischsprachige.
Eine Vorschau der Netzwerkanalyse zeigt die wichtigten Cluster: rechts unten in Lila das „Verschwörungscluster“, in Grün sonstige deutschsprachige YouTube-Kanäle, in Rot englischsprachige. - Alle Rechte vorbehalten Fynn Kröger/ Ultralativ

Insgesamt zwei Mal hat Kröger die Analyse durchgeführt, einmal Ende 2020, einmal im August 2021. Die Ergebnisse ähneln sich stark. Eine hochaufgelöste Grafik der Netzwerkanalyse von 2020 gibt es hier.

Startpunkt waren 15 händisch ausgewählte Kanäle aus der deutschen Coronaleugner:innenszene. Dazu zählte Kröger nicht nur Kanäle von Personen, die das Virus selbst leugnen, sondern auch die Gefahren, die von ihm ausgehen. Er folgt damit der Definition von Verschwörungserzählungen, die beispielsweise auch Katharina Nocun und Pia Lamberty in ihrem 2020 erschienen Buch „Fake Facts: Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen“ besprechen.

In diesem Fenster soll ein YouTube-Video wiedergegeben werden. Hierbei fließen personenbezogene Daten von Dir an YouTube. Wir verhindern mit dem WordPress-Plugin „Embed Privacy“ einen Datenabfluss an YouTube solange, bis ein aktiver Klick auf diesen Hinweis erfolgt. Technisch gesehen wird das Video von YouTube erst nach dem Klick eingebunden. YouTube betrachtet Deinen Klick als Einwilligung, dass das Unternehmen auf dem von Dir verwendeten Endgerät Cookies setzt und andere Tracking-Technologien anwendet, die auch einer Analyse des Nutzungsverhaltens zu Marktforschungs- und Marketing-Zwecken dienen.

Zur Datenschutzerklärung von YouTube/Google

Dann hat Kröger alle YouTube-Kanäle ermittelt, die diese 15 ausgewählten Kanäle abonniert haben oder auf sie in ihrem Profil verweisen. Diesen Daten lassen sich mit der offenen Programmierschnittstele (API) von YouTube abgreifen. In einem zweiten Durchgang wiederholte er diesen Prozess für alle Kanäle aus der ersten Runde. Nachträglich aussortiert wurden Kleinstkanäle mit weniger als 1.000 Videoaufrufen. Am Ende kam Kröger so auf rund 7.500 Kanäle.

Mit diesen Daten hat Kröger dann die Software Gephi gefüttert, eine Anwendung zum Erstellen von Netzwerkanalysen. Die grafische Darstellung folgt dabei einer Modell aus der Physik: Kanäle, die miteinander verbunden sind, ziehen sich an, nicht verbundene Kanäle stoßen sich ab. Auf diese Weise entstehen Knäuel. An manchen Stellen auf der Karte sind die dargestellten Kanäle dicht beisammen, dass sich Cluster herausbilden. Kreise aus demselben Cluster haben dieselbe Farbe. Je größer ein Kreis, desto mehr Verbindungen hat der Kanal zu anderen.

Mithilfe der Visualisierungssoftware lässt sich auch berechnen, wo die Grenzen zwischen Cluster verlaufen sollen – also ob mehrere Knäuel eher zu einem großen Cluster gehören oder zu mehreren kleinen. „Diese Methode ist besonders für soziale Netzwerke mit großer Knotenanzahl geeignet“, sagt Kröger.

Kein Nachweis einer Echokammer

Für Körger zeigt die Datenanalyse: Menschen aus der verschwörungsideologischen Szene kämen nicht aus der Mitte der Gesellschaft, sondern seien Randfiguren. „Dieses Cluster ist das Paradebeispiel einer Echokammer, eines sozialen Raums in dem die eigene Meinung nur gespiegelt, aber nicht herausgefordert wird“, sagt er in seinem Video. Zwar lasse die Analyse noch einige Fragen offen. Sie zeige jedoch, wie sehr konspirative Inhalte miteinander vernetzt seien – und wie wenig mit dem Rest.

Dem Datenwissenschaftler Josef Holnburger zufolge bestätigt Krögers Analyse, was auch Studien gezeigt haben: „Die verschwörungsideologische Szene sieht sich als eine Art Alternativpresse und verlinkt sich gerne gegenseitig im Sinne einer größeren Vernetzung gegen die vermeintlichen Verschwörer.“ Holnburger ist Geschäftsführer des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS), das über Verschwörungsideologien und Desinformation aufklärt.

Dass die Netzwerkanalayse eine Echokammer belege, geht Holnburger als Schlussfolgerung jedoch zu weit. „Um das herauszufinden, müssten wir das Verhalten von Nutzer:innen betrachten, die diese verschwörungsideologischen Kanäle abonniert haben“. Dafür bräuchte es andere Untersuchungen. Dass sich Menschen tatsächlich in Echokammern abschotten, sei bisher nicht eindeutig wissenschaftlich nachgewiesen worden, wie Holnburger erklärt. Oft seien Menschen aus der verschwörungsideologischen Szene nicht nur in ihrer eignen Bubble, sondern auch auf sogenannten Mainstreamplattformen unterwegs, um dort ihre Verschwörungserzählungen zu verbreiten.

YouTube ist eine der relevantesten Plattformen der Szene

Querdenker:innen würden etwa immer wieder dazu auffordern, Videos auf YouTube hochzuladen, da die Plattform als weniger politisiert gelte als beispielsweise Telegram, wo sich ein Großteil der Verschwörerszene versammle. YouTube ist Holnburger zufolge immer noch eine der relevantesten Plattformen für die verschwörungsideologische Szene. Gefährlich werde es dann, wenn Verschwörungsideolog:innen auf YouTube Links teilen, die auf ihren Telegram-Kanal verweisen. Zahlreiche Recherchen haben bereits gezeigt, wie bestimmte Telegram-Kanäle und -Gruppen zur Radikalisierung beitragen.

Gegen Falschinformationen vor allem in Bezug auf die Corona-Pandemie hat die Google-Tochter bereits Maßnahmen ergriffen und Kanäle gelöscht, die mehrfach gegen die Richtlinien verstoßen haben. Unter anderem der Kanal des deutschen Verschwörungserzählers Ken Jebsen, „KenFM“, ist seit Januar dauerhaft gesperrt.


Hilf mit! Mit Deiner finanziellen Hilfe unterstützt Du unabhängigen Journalismus.

Enregistrer un commentaire

0 Commentaires