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Digitale-Dienste-Gesetz: EU könnte anonyme Uploads auf Pornoseiten verbieten

Eine Person am Laptop mit Handy in der Hand, das Logo von xHamster

Plattformen wie Pornhub und xHamster haben in Europa viele Millionen regelmäßige Nutzer:innen. Dort können sie nicht nur pornographische Inhalte sehen, sondern auch hochladen. Lange Zeit war das bei vielen Plattform anonym möglich. Doch im Kampf gegen bildbasierte sexualisierte Gewalt könnte der Upload auf Pornoseiten bald nur noch mit Handy-Registrierung erlaubt sein. Handynummern lassen sich in Deutschland über die Provider Klarnamen zuordnen.

Entschieden werden soll das in einem neuen EU-Gesetz, das große Plattformen im Netz umfassend regeln soll: das Digitale-Dienste-Gesetz. Der Vorschlag der EU-Kommission für die Verordnung schafft Regeln für den Umgang mit illegalen Inhalten im Netz, besonders strenge Auflagen soll es für sehr große Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzer:innen oder mehr als 100.000 Geschäftskund:innen in der EU schaffen. Zu diesen dürften vermutlich auch die größten Porno-Plattformen gehören.

Das EU-Parlament könnte allerdings noch eins draufsetzen und einen eigenen Paragraphen nur für Pornoseiten schaffen. Wer dort etwas hochladen wolle, müsse sich mit E-Mail-Adresse und Handynummer registrieren, heißt es in einem Ergänzungsantrag zu dem Gesetz, über den kommende Woche abgestimmt werden soll. Eingebracht hat ihn die deutsche Abgeordnete Alexandra Geese gemeinsam mit Fraktionskolleg:innen der Grünen.

„Revenge Porn und andere Formen bildbasierter sexualisierter Gewalt sind ein abscheuliches lukratives Geschäft für viele Porno-Plattformen geworden“, klagt Geese. Unter „Revenge Porn“ werden Bilder oder Videos mit Nacktaufnahmen verstanden, die als Gewaltakt ohne Zustimmung der betroffenen Person veröffentlicht werden. Viele Betroffenen lehnen den Begriff ab, weil er die Perspektive der Täter:innen einnimmt.

„Balance zwischen Opferschutz, Prävention und Freiheiten“

Der Änderungsantrag würde generell das Vorgehen gegen illegale Uploads auf Pornoseiten erleichtern, etwa heimlich aufgenommene Videos aus Toiletten oder Aufnahmen von Minderjährigen. Geese betont, sie verstehe sich als feministische Netzpolitikerin und habe es sich beim Schreiben des Vorschlags nicht leicht gemacht. Der vorgeschlagene Artikel schaffe „eine Balance zwischen Opferschutz, Prävention und der Erhaltung grundrechtlicher Freiheiten“.

Die Grünen-Abgeordnete Alexandra Geese
Alexandra Geese im EU-Parlament - Alle Rechte vorbehalten European Union 2020 - Source : EP

Pornoplattformen werden laut dem Vorschlag verpflichtet, künftig professionelle, menschliche Content-Moderator:innen einsetzen. Diese sollen spezielles Training erhalten, um Bilder von sexuellem Missbrauch zu erkennen. Im Jahr 2020 hat etwa das VICE-Magazin aufgedeckt, dass xHamster für die Überprüfung von Foto-Uploads unter anderem Freiwillige einsetzte, die für ihre Arbeit kein Geld erhielten.

Der Vorschlag der Grünen soll außerdem den Beschwerdeweg für Betroffene erleichtern, deren Aufnahmen sich ungewollt im Netz wiederfinden. Wenn Betroffene solche Inhalte meldeten und ihre Identität augenscheinlich belegt sei, dann solle die Plattform die Bilder oder Videos „unverzüglich“ sperren, heißt es in dem Antrag. In einem früheren Entwurf (dem Antrag 1521) hatten Geese und ihre Fraktion eine 48-Stunden-Frist gefordert, diese aber nach Kritik gestrichen.

Warnung vor „Klarnamenpflicht durch die Hintertür“

Einige Abgeordnete halten Geeses Entwurf weiter für problematisch. Sie werde sich „in der Abwägung enthalten müssen“, sagt etwa die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn zu netzpolitik.org, da „die Accountauthentifizierung mit einer Telefonnummer letzten Endes einer Klarnamenpflicht durch die Hintertür entspricht.“ Einen solchen Grundrechtseingriff lehne sie ab, außerdem beschränke der Vorschlag das „Recht auf Anonymität von Sexarbeiter:innen“.

Deutschlands meistbesuchte Pornoseiten, Pornhub und xHamster, erlauben bereits jetzt keine anonymen Uploads mehr. Dort müssen sich Uploader:innen allerdings nicht per Telefonnummer verifizieren, sondern Fotos von sich mit einem Ausweis hochladen.

Für den von den Grünen vorgeschlagenen Änderungsantrag wird es knapp. Unterstützen wollen ihn neben den Grünen auch Abgeordnete der Sozialdemokraten und Linken. Heimliche Aufnahmen in Umkleiden oder auf Festivaltoiletten seien für die Betroffenen traumatisierend und müssten durch konsequente Nachverfolgung verhindert werden, sagt der Ko-Fraktionschef der Linken, Martin Schirdewan. Auf Plattformen wie Facebook und Twitter trete er für das Prinzip der Anonymität ein, nach „reiflicher Überlegung“ spreche er sich bei pornographischen Seiten aber dafür aus, den Opferschutz an erste Stelle zu setzen.

Wie andere Fraktionen abstimmen werden, ist noch unklar. Eine tonangebende Figur im Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments, der CDU-Abgeordnete Andreas Schwab, antwortete nicht auf eine Anfrage von netzpolitik.org. Entscheiden dürfte sich dann am Anfang kommender Woche, ob das EU-Parlament in Verhandlungen mit der Kommission und den EU-Staaten dafür eintreten wird, dass Pornos künftig nicht mehr einfach anonym hochgeladen werden dürfen.


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