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Gerichtsbeschluss: Polizei darf bei Einsätzen im öffentlichen Raum gefilmt werden

Polizist zerrt Frau über Boden

Das Landgericht Osnabrück hat entschieden, dass Ton- und Filmaufnahmen eines Polizeieinsatzes im öffentlichen Raum nicht strafbar sind, sondern zulässig. Auch hätte die Polizei in einem konkreten Fall das Handy des Filmenden nicht beschlagnahmen dürfen.

Hintergrund des Urteils ist ein Polizeieinsatz Mitte Juni 2021 in der Osnabrücker Innenstadt. Während dieses Einsatzes hatten die Beamt:innen eine Person auf dem Boden fixiert. Es kam zu Protesten von Passant:innen. Die Polizei versuchte, die Situation zu beruhigen, und sprach Platzverweise gegen Passant:innen aus. Eine Person filmte den Vorgang mit dem Smartphone.

Die Polizeibeamt:innen forderten die Person auf, die Aufzeichnungen zu unterlassen mit der Begründung, dass derartige „Tonaufnahmen“ strafbar seien. Etwas später beschlagnahmten die Beamt:innen das Telefon der Person gegen ihren Willen wegen „Verdachts einer Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“. War das rechtens?

Polizei sprach in „faktischer Öffentlichkeit“

Zunächst bestätigte das Amtsgericht Osnabrück Mitte Juli die Beschlagnahme des Handys. Die filmende Person wehrte sich dagegen und zog vor das Landgericht. Dieses hob die Entscheidung nun auf (Az. 10 Qs 49/21) und gab dem Beschwerdeführer recht.

In der Pressemitteilung des Gerichtes heißt es sinngemäß, die Worte der Beamt:innen seien dienstlich und „in faktischer Öffentlichkeit“ gesprochen worden – und durften daher aufgezeichnet werden.

Das bedeutet: Die Aufnahme war erlaubt, weil die Beamt:innen öffentlich in ihrer Rolle als Beamt:innen gesprochen haben – und nicht privat. Auch Bildaufnahmen aus dem öffentlichen Raum seien, von Ausnahmen abgesehen, erlaubt.

Es kommt regelmäßig vor, dass Polizist:innen Smartphones von filmenden Personen beschlagnahmen und diese Maßnahmen dann vor Gericht als rechtswidrig eingestuft werden. So wurde einer Frau in Kassel recht gegeben, die bei einer Demonstration die Kontrolle ihres Freundes durch Polizeibeamte filmte.

Wenn Polizeibeamt:innen gegen filmende oder fotografierende Personen vorgehen, rechtfertigen sie die Maßnahme oft mit einer „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ oder mit dem „Recht am eigenen Bild“ und dem Kunsturhebergesetz. Letzteres regelt aber nicht das Anfertigen einer Aufnahme, sondern die Veröffentlichung. Das Anfertigen ist insofern also nicht strafbar und liefert keine rechtliche Grundlage, auf der Polizist:innen das Filmen verbieten oder gar Smartphones beschlagnahmen dürfen.

Filmen grundsätzlich erlaubt

Das Filmen von Polizeimaßnahmen im öffentlichen Raum ist grundsätzlich erlaubt, nicht gefilmt oder aufgenommen werden dürfen jedoch Beamt:innen, die sich erkennbar leise besprechen, schreibt Buzzfeed.de in einem Artikel zum Thema. Fredrik Roggan, der an der Hochschule der Polizei in Brandenburg über Strafrecht lehrt, sagte zuletzt gegenüber dem NDR-Magazin Panorama, dass das dienstlich gesprochene Wort eines Polizisten gegenüber einem Bürger grundsätzlich und immer ein öffentlich gesprochenes Wort sei – und damit gar nicht vom „Abhörparagrafen“ erfasst. Der Polizist agiere ja nicht als Person, sondern als Amtsträger. Es gehe dabei nicht um intime Gespräche, sondern um einen Polizeieinsatz.

Durch Aufnahmen von Polizeieinsätzen werden polizeiliche Fehler oder Polizeigewalt oftmals erst einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Aber wer ein Video veröffentlicht, muss in der Regel die Gesichter aller Beteiligten unkenntlich machen, um das „Recht am eigenen Bild“ nicht zu verletzen. Ausnahmen gibt es unter anderem bei besonderem öffentlichen Interesse.


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