Seit dieser Woche sammelt eine österreichische Initiative Unterschriften für umfassende Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung, zur Stärkung der Justiz und für mehr Transparenz im Staat. Eines ihrer Kernanliegen ist dabei auch, endlich ein starkes Informationsfreiheitsgesetz in Österreich zu schaffen – ein von der Regierung kürzlich vorgelegter Entwurf dazu fiel nämlich enttäuschend aus.
Hintergrund der Unterschriftensammlung sind eine Kette von Skandalen um Bundeskanzler Sebastian Kurz und seine konservative Partei ÖVP, die in Folge der Ibiza-Affäre aufflogen. Illegale Parteispenden, Korruption, Amtsmissbrauch – rund ein dutzend Figuren aus der ÖVP und ihrem Umfeld stehen derzeit im Visier der Ermittlungsbehörden, darunter Kanzler Kurz selbst.
Für Aufregung bei Opposition und in der Zivilgesellschaft sorgen laufende Attacken aus der ÖVP auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die die Vorwürfe aufklären soll. Zugleich bereiteten die Konservativen und ihr grüner Koalitionspartner auch dem Untersuchungsausschuss ein Ende, der bei der Aufklärung der Vorwürfe helfen sollte.
Diese „massiven Angriffe auf den Rechtsstaat“ nennen die Initiator:innen als Motiv für das Volksbegehren, das nun bei Gemeindeämtern und online per Bürgerkarte oder Handy-Signatur zur Unterschrift bereit liegt. Zu den Unterstützer:innen zählen zahlreiche Prominente, darunter auch solche aus dem Umfeld der ÖVP.
Während Volksbegehren in Österreich keine Gesetze erzwingen können, müssen Initiativen mit mehr als 100.000 Unterschriften aus der Reihe der rund sechs Millionen Wahlberechtigten zumindest im Parlament behandelt werden. Dadurch haben es Volksbegehren in der Vergangenheit oft geschafft, politischen Druck aufzubauen.
Amtsgeheimnis nicht „über die Hintertür“ erhalten
In seinem Text fordert das Volksbegehren Anstand und Integrität in der Politik, eine Stärkung des Rechtsstaates und der Justizbehörden, insbesondere der umkämpften Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Ein Abschnitt der Initiative zielt explizit auf neue Maßnahmen für Transparenz ab, die die oft undurchsichtige Verwaltung in Österreich ändern sollen.
Konkret fordern die Initiator:innen ein „umfassendes Informationsfreiheitsgesetz, das diesen Namen auch verdient“. Klar verankert werden müsse in dem Gesetz ein Informationsfreiheitsbeauftragter, der bei der Durchsetzung von Anträgen helfen könne. Die Ausnahmen müssten so gestaltet werden, dass nicht das bisherige Amtsgeheimnis „über die Hintertüre“ erhalten bleibe. Der Text des Volksbegehrens verweist auf zahlreiche Stellungnahmen aus der Zivilgesellschaft an das Parlament, etwa jene von netzpolitik.org und FragdenStaat, die auf ein starkes Gesetz drängen.
Ein Ende setzen will das Volksbegehren auch der „Inseratenkorruption“ der öffentlichen Hand. Vor allem die ÖVP-geführten Ministerien schalten Anzeigen in Millionenhöhe, das meiste Geld geht dabei an Boulevardblätter, die selten unfreundlich über die Regierung und Kanzler Kurz berichten. Dieses freihändige Geldverteilen müsse durch objektive Kriterien ersetzt werden, fordert die Initiative, die auch den öffentlich-rechtlichen Sender ORF besser vor politischem Einfluss schützen möchte.
Die ÖVP, die praktisch durchgehend seit 1987 in Österreich in der Regierung ist, und der das Volksbegehren mit vielen seiner Forderungen gilt, versucht unterdessen bereits, der Initiative den Schwung zu nehmen. Ein führender ÖVP-Abgeordneter hat öffentlich seine Unterstützung für das Volksbegehren verkündet – damit versuche die Regierungspartei, der Initiative durch Vereinnahmung den Stachel zu nehmen, kritisiert die Opposition. Ob das gelingt, dürfte auch davon abhängen, wie viele Leute unterschreiben – je mehr, desto schwieriger dürfte es für die Regierung werden, die Forderungen der Initiative zu ignorieren.
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