Nur mit einem Taschenspielertrick gelang es der Bundesregierung, die Nutzungszahlen des elektronischen Personalausweises zu erhöhen. Hindernisse, die dem Vorhaben im Wege stehen, geht sie indes nur im Schneckentempo an.
Die Nutzung des elektronischen Personalausweises (ePerso) geht weiterhin nur schleppend voran. Die Antworten auf zwei schriftliche Fragen der Linkspartei-Abgeordneten Anke Domscheit-Berg zeigen, dass sich die Bundesregierung viel Zeit lässt, um die grundlegenden Probleme des mehr als zehn Jahre existierenden Systems anzugehen. Schon im Januar hatte netzpolitik.org berichtet, dass es den beteiligten Ministerien an einer einheitlichen Strategie bei der digitalen Identität fehlt.
Als eines der Hindernisse beim elektronischen Personalausweis gilt die Quasi-Monopolstellung der Bundesdruckerei. Sie gibt die Zertifikate aus, die für Anwendungen des ePersos erforderlich sind und für welche die Unternehmen viel Geld bezahlen müssen. Im Januar hatte das Bundesinnenministerium (BMI) gegenüber netzpolitik.org gesagt, dass es die Kostenstruktur prüfen wolle.
Laut der Antwort auf die erste der beiden schriftlichen Fragen (PDF) von Domscheit-Berg ist das BMI inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass eine „Neugestaltung des Kostenmodells im Bereich Berechtigungszertifikate bis hin zur kostenlosen zur Verfügungstellung“ die Attraktivität des ePerso langfristig steigern würde. Aus diesem Grund erwägt der Staat laut BMI entstehende Kosten für Unternehmen fortan subventionieren.
Das wird allerdings dauern. Denn „auf Grund der Komplexität der Thematik“ sei eine kurzfristige Umsetzung nicht zielführend, heißt es weiter in der Antwort. Angepeilt sei diese erst für Mitte des Jahres 2024. Domscheit-Berg geht das zu langsam. „Fast ein Jahr nach Feststellung der verschiedenen Barrieren für Anbieter des ePersos als eID Option ist immer noch vor allem von Plänen, Konzepten und Prüfungen die Rede“, sagt die Digitalpolitikerin. „Die Mühlen der Verwaltungsdigitalisierung mahlen wirklich langsam im Bund“, so Domscheit-Berg weiter.
Kampagne irgendwann dieses Jahr geplant
Ein weiteres Problem ist – neben den teuren Zertifikaten und fehlenden nützlichen Anwendungen – vor allem die geringe Bekanntheit des Verfahrens bei den Bürger:innen. Bisher bewirbt das BMI die Ausweis-eID eher verhalten und vor allem nur bei Behördenmitarbeiter:innen, zum Beispiel bei einer „Roadshow in Ratzeburg“.
Der Antwort auf die zweite schriftliche Frage (PDF) zufolge will das BMI „noch im Jahr 2023“ eine „bundesweite, crossmediale Kommunikationskampagne“ umsetzen, die den Online-Ausweis bei den Bürger:innen bewerben soll. Die Kampagne soll laut einer Sprecherin des Innenministeriums insgesamt eine Million Euro kosten und ein Jahr lang andauern. Domscheit-Berg sagt, es dauere so lange, weil die Ampel sich nicht entscheiden könne, welche Ausweis-App sie bewerben wolle.
In der Antwort verweist das Innenministerium auch auf steigende Nutzer:innenzahlen des ePerso. Verantwortlich dafür ist allerdings eine Art Taschenspielertrick, bei dem die Bundesregierung eine „Einmalzahlung“ an Studierende an die Nutzung des elektronischen Ausweises knüpfte. So konnten die Nutzer:innenzahlen im vergangenen März auf etwa 2.700.000 erhöht werden – fast acht Mal mehr als im Vorjahr, was das BMI als Erfolg seiner Bemühungen verkauft.
Auf diesen Zahlen ruhe sich die Ampel nun aus, sagt Domscheit-Berg. „Das klingt leider auch nicht danach, als hätte man verstanden, dass sich schnellstmöglich an den Strukturen etwas ändern muss, will man dem elektronischen Personalausweis endlich zum Durchbruch verhelfen.“
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