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Bürger-ID: Bundesländer fordern Personenkennziffer für alle

Die Bundesländer drängen auf eine schnellere Modernisierung der Verwaltung. Sie fordern eine Personenkennzahl für alle Menschen – das ist jedoch verfassungsrechtlich umstritten. Bessere Alternativen gäbe es bereits.

Rücken mit einem Strichcode als Tattoo.
Die Bundesländer wollen, dass alle Menschen eine einzigartige, einheitliche Personenkennziffer bekommen. (Symbolbild) Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com José León

Die 16 Bundesländer wünschen sich auf Initiative von Bayern und Rheinland-Pfalz die „Einführung einer einheitlichen, nutzerfreundlichen, deutschlandweit gültigen Bürger-ID“, also eine Personenkennziffer für alle Menschen, die in Deutschland wohnen. Das geht aus Berichten der Funke-Mediengruppe hervor, die aus dem an den Bundes-CIO Markus Richter adressierten Acht-Punkte-Papier zitieren. Die Bundesländer erhoffen sich von einer solchen Personenkennziffer eine praktikable Authentifizierung der Menschen gegenüber dem Staat.

Die Länder drängen laut einem Bericht auf heise online zudem auf die „Volldigitalisierung aller Verwaltungsprozesse“, sie wollen damit analoge Zwischenschritte loswerden. Außerdem soll für Betrieb, Wartung und Weiterentwicklung von Digitalprojekten ein föderales Globalbudget verankert werden, fordern die Verfasserinnen des Briefes, wie Zeit Online berichtet. „Schluss mit Zettelwirtschaft und vergilbter Karteikartenmentalität in deutschen Behörden“, sagt Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU). So solle nun „mit Hochdruck an der weiteren Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes“ (OZG) gearbeitet werden.

Dem 8-Punkte-Plan zufolge soll das „Einer-für-Alle“-Prinzip weiterentwickelt werden, demzufolge digitalisierte Leistungen einzelner Länder von anderen übernommen werden können. Bayerns Konzept der „Bürger-ID“ war zuletzt vom Bund als „BundID“ übernommen worden und wird derzeit für die Einmalzahlung einer Energiepauschale an Studierende eingesetzt.

Personenkennziffern verfassungsrechtlich problematisch

Personenkennziffern sind verfassungsrechtlich hoch umstritten, sie wurden schon bei der Einführung der Steuer-ID 2007 und im Jahr 2020 bei der Registermodernisierung kontrovers diskutiert. Problematisch ist die Einführung einer Personenkennzahl unter anderem wegen des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichtes und dem möglichen Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Das Urteil untersagt dem Staat die Verknüpfung von personenbezogenen Daten mit einer übergreifenden Identifikationsnummer wegen einer möglichen Profilbildung.

Schon frühere Entscheidungen des Gerichtes, etwa das Mikrozensus-Urteil von 1969, wendeten sich gegen die Personenkennziffer. Dort hieß es, dass es der menschlichen Würde widerspreche, den Menschen zum bloßen Objekt im Staat zu machen.

Mit der Menschenwürde wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Staat das Recht für sich in Anspruch nehmen könnte, den Menschen zwangsweise in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren, sei es auch in der Anonymität einer statistischen Erhebung, und ihn damit wie eine Sache zu behandeln, die einer Bestandsaufnahme in jeder Beziehung zugänglich ist.

Alternativen zur zentralen Nummer

Klar ist, dass man für die Digitalisierung des Staates und der Verwaltung ein System benötigt, mit dem sich Menschen identifizieren und authentifizieren können. Eine einheitliche zentrale Personenkennziffer ist jedoch aus Gesichtspunkten des Datenschutzes ein schlechtes Modell.

In Österreich gibt es ein anderes, verschlüsseltes Personenkennzahlsystem: In diesem Modell liegt die eigentliche, aber geheime Personenkennziffer nur der Unabhängigen Datenschutzbehörde vor. Die anderen Behörden nutzen spezielle Personenkennziffern für ihren Fachbereich, was die Verbreitung der eigentlichen Kennziffer eindämmt und verhindert, dass Daten einfach zusammengeführt werden können.


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