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Freifunk-Störerhaftung: Gericht bestätigt: Seniorin ohne PC wegen Filesharing verurteilt

Wlan-Router vor weißer Wand mit einer Tannenbaumfigur in der linken Bildecke.

Auch wer keinen PC besitzt, kann wegen Filesharing verurteilt werden. Das zeigt der Fall einer Seniorin in Köln. Vor knapp einem Jahr hatte das Amtsgericht Köln entschieden, dass die Seniorin für illegales Filesharing haften muss – obwohl sie nach eigenen Angaben nicht einmal einen PC hat. Das Landgericht Köln hat dieses Urteil jetzt bestätigt.

Die über 70-jährige Anschlussinhaberin muss dem Filmstudio Warner Bros. Entertainment einen Schadensersatz in Höhe von 2000 Euro zahlen (AZ 148 C 400/19). Das gab die Berliner Rechtsanwältin der Verklagten, Beata Hubrig, auf ihrem Blog bekannt.

Über den Fall hatten Nachrichtenmedien schon vor einem Jahr berichtet: Das Amtsgericht verurteilte die Seniorin damals für illegales Filesharing, obwohl sie ihren Internetzugang eigenen Angaben zufolge nicht genutzt habe. Unbekannte sollen über ihr Netzwerk urheberrechtlich geschützte Werke verbreitet haben. Das ist laut dem deutschen Urheberrecht strafbar.

Die Anwältin der Verklagten schildert es so: Die Seniorin habe den Internetanschluss in ihrer Kölner Wohngemeinschaftt regelmäßig Familie, Freund:innen und Besucher:innen zur Verfügung gestellt. Ihr Sohn habe über den Router auch einen Freifunkknoten betrieben. Sie selbst habe weder die technische Kenntnis noch den Rechner gehabt, um die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung zu begehen.

Das Landgericht Köln hat dennoch das Urteil von vor einem Jahr bestätigt. Das Gericht begründete das Urteil damit, dass die Frau ihre freies WLAN nicht hinreichend überwacht habe. Sie habe die eigentlichen Täter:innen nicht benennen können.

Telemediengesetz greift nicht

Das Urteil ist nur ein Beispiel für ein größeres Problem. In der Vergangenheit ist es vermehrt zu besonders harten Urteilen gegen Anschlussinhaber:innen gekommen, die für mutmaßliche Urheberrechtsverletzungen von anderen gerade stehen mussten.

Die Rechtslage legt auf den ersten Blick etwas anderes nahe: Betreiber:innen von Hotspots dürfen nicht für das rechtswidrige Verhalten von Nutzer:innen verantwortlich gemacht werden. Sie müssen weder Schadenersatz noch Abmahngebühren zahlen, wenn andere Personen über ihr WLAN auf illegalem Weg urheberrechtlich geschützte Werke verbreiten. So hat es die Große Koalition Mitte 2017 mit der Änderung des Telemediengesetzes (TMG) beschlossen – was die Störerhaftung beendet hat.

Dass deutsche Richter:innen das Telemediengesetzes in der Praxis dennoch zulasten der WLAN-Betreiber:innen anwenden, hält Freifunk-Anwältin Hubrig für falsch: „Diese fehlerhafte Gesetzesanwendung untergräbt das gesetzgeberische Versprechen, AnschlussinhaberInnen könnten und sollten problemlos ihre Anschlüsse teilen“.

Anwältin schlägt Alarm

Vor deutschen Gerichten hätten Anschlussinhaber:innen mittlerweile nur eine Chance, wenn sie Namen und Adresse der Täter:innen vorweisen könnten, schreibt die Berliner Rechtsanwältin auf ihrem Blog. Diese Anforderung wird als sekundäre Darlegungslast bezeichnet.

Um mögliche Täter:innen zu benennen, müssten Anschlussinhaber:innen aber erst einmal wissen, wer ihr Netzwerk überhaupt nutzt. Andernfalls müssten sie befürchten, trotz abgeschaffter Störerhaftung verurteilt zu werden. „Dies ist außerordentlich skandalös“, schreibt Hubrig auf ihrem Blog. Es führe dazu, „dass AnschlussinhaberInnen das Nutzerverhalten Dritter für den Fall einer Abmahnung überwachen werden“.

Gerade auf Überwachung möchten viele Freifunker:innen bewusst verzichten. Bei Freifunk geht es darum, der Allgemeinheit kostenfrei privates WLAN zur Verfügung zu stellen. Urteile wie das in Köln bedeuten schlechte Nachrichten für Menschen, die gerne unbesorgt ihren Internetzugang teilen möchten.


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