Anders als angekündigt legt das Bundesinnenministerium in diesem Jahr keine Eckpunkte für ein Transparenzgesetz mehr vor. Schon länger gibt es Befürchtungen, die Bundesregierung schiebe das Vorhaben auf die lange Bank.
Im Herbst hatte Innenstaatssekretär Markus Richter angekündigt, sein Haus werde bis Ende des Jahres 2022 Eckpunkte für ein Transparenzgesetz vorlegen. Daraus wird nach Informationen von netzpolitik.org nichts mehr.
„Die Vorarbeiten für ein Eckpunktepapier zum Bundestransparenzgesetz sind personal- und krankheitsbedingt noch nicht vollständig abgeschlossen und werden erst im neuen Jahr beendet sein“, teilt ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage mit. Er betont, dass die Umsetzung des Bundestransparenzgesetzes ein wichtiges Ziel der Bundesregierung sei. „Wir bedauern die Verzögerung.“
Zivilgesellschaft hat eigenen Entwurf vorgelegt
SPD, Grüne und FDP hatten im Koalitionsvertrag festgeschrieben, ein modernes Transparenzgesetz einführen zu wollen. Das soll die bestehenden Informationsfreiheitsgesetze des Bundes ablösen. Bislang mussten Bürger:innen den Staat um jedes Dokument einzeln bitten, häufig blockieren Behörden Auskünfte, nicht selten landen die Fälle vor Gericht.
Käme das neue Gesetz, müsste der Staat mutmaßlich Informationen wie Gutachten, Verträge, Gerichtsurteile oder Daten aus Umweltmessungen laufend auf einem eigenen Portal veröffentlichen. Das Vorhaben könnte Kernstück einer progressiven Verwaltungsdigitalisierung durch die selbsternannte Fortschrittskoalition sein. Es verbessert die öffentliche Kontrolle über den Staat, ermöglicht Bürger:innen Teilhabe und fördert auch den Informationsfluss zwischen Behörden.
Die digitale Zivilgesellschaft fordert deshalb seit langem ein Transparenzgesetz für den Bund. Im ersten Regierungsjahr der Ampel gab es bei dem Thema jedoch keine merklichen Fortschritte. Anfang Oktober legte schließlich ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus Transparency International, Mehr Demokratie und FragDenStaat einen eigenen Entwurf für ein mögliches Transparenzgesetz vor.
Der zuständige Innenstaatssekretär Markus Richter nahm ihn entgegen und versprach, noch in diesem Jahr eigene Eckpunkte vorlegen zu wollen.
Skepsis ist angebracht
Dass das Innenministerium diesen Zeitplan nun nicht halten kann, dürfte Befürchtungen bestärken, die Bundesregierung schiebe das Projekt auf die lange Bank. Vertreter:innen des zivilgesellschaftlichen Bündnisses appellierten im Herbst an die Abgeordneten des Bundestages, bei diesem wichtigen Thema nicht auf das Innenministerium zu warten, sondern selbst die Initiative zu ergreifen.
Die Erfahrung habe gezeigt, dass die Verwaltung Probleme damit habe, selbst für eine bessere Kontrolle ihrer Arbeit zu sorgen. Deshalb sei es wichtig, „dass die Transparenzregeln nicht von der Ministerialbürokratie selbst“ kämen.
Nach einer eigenständigen parlamentarischen Initiative sieht es im Bundestag allerdings nicht aus. Die zuständigen Abgeordneten der Ampel-Koalition hatten im September gegenüber netzpolitik.org erklärt, auf einen Entwurf aus dem Innenministerium warten zu wollen. Auch der Digitalausschuss des Bundestages hat das Thema bislang nicht auf der Agenda.
Scheitern nicht ausgeschlossen
Das bundesweit erste Transparenzgesetz führte Hamburg im Jahr 2012 auf Betreiben einer zivilgesellschaftlichen Initiative ein. Inzwischen gibt es in mehreren Bundesländern Transparenzgesetze, etwa in Thüringen oder Sachsen, wenn auch in unterschiedlicher Qualität.
Manche Länder kommen wiederum nicht über die Planungsphase hinaus. Erst Mitte Dezember berichteten wir darüber, dass die Rot-Grün-Rote Koalition im Bundesland Berlin das im Koalitionsvertrag versprochene Transparenzgesetz nicht zeitnah einführen wird, weil die SPD das Vorhaben blockiert. Die Koalition aus SPD, Linkspartei und Grünen in Berlin war schon in der vorangegangenen Legislaturperiode daran gescheitert.
Im Bund gilt seit 2006 ein Informationsfreiheitsgesetz. Schon 2012 hatte eine Evaluation im Auftrag des Innenausschusses des Bundestages ergeben, dass es reformbedürftig ist.
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