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Urheberrechtsverletzung: Radio Dreyeckland mahnt Verfassungsschutz ab

Schon wieder hat ein Inlandsgeheimdienst ein Foto verwendet, ohne die Rechteinhaber um Erlaubnis zu fragen. Es zeigte Proteste gegen den Abriss eines besetzten Hauses, laut Verfassungsschutz: „Linksextremismus“. Der Artikel ist inzwischen offline.

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Die Webseite mit dem fraglichen Bild ist nicht erreichbar. – Laptop: Unsplash/ Howard Bouchevereau; Montage: netzpolitik.org

Das Radio Dreyeckland war mit einer Abmahnung gegen das Landesamt für Verfassungsschutz erfolgreich. Ohne die hierzu erforderliche Erlaubnis zu erbitten hatte der Inlandsgeheimdienst ein Bild zur Illustration eines Artikels genutzt und soll deshalb 1.500 Euro bezahlen. Das bestätigt der Berliner Anwalt David Werdermann, der das in Freiburg ansässige Radio vertritt, gegenüber netzpolitik.org.

In der Abmahnung ging es um ein Bild des freien Journalisten Julian Rzepa, das Radio Dreyeckland zuvor auf seiner Webseite veröffentlichte. Es zeigt eine Demonstration anlässlich einer Häuserräumung am 11. Dezember 2021 in der Freiburger Innenstadt. Bei www.rdl.de war es deutlich mit „all rights reserved“ gekennzeichnet.

Beitrag ist offline

Der bebilderte Beitrag auf der Webseite des Geheimdienstes war mit der Überschrift „Linksextremismus“ versehen. Radio Dreyeckland schreibt, damit diskreditiere der Verfassungsschutz die Proteste. Inzwischen hat das Landesamt den Artikel komplett offline genommen, die Webseite zeigt einen 404-Fehler. Eine Kopie ist aber noch im Internetarchiv einsehbar.

Der vordere Block einer Demonstration mit Transparenten, die Polizei läuft Spalier.
Dieses Bild des freien Journalisten Julian Rzepa hat das Landesamt genutzt. - Alle Rechte vorbehalten JR Photography / RDL

Eine Presseanfrage zu dem Vorfall beantwortete das Landesamt nicht. Man äußere sich nur zu Sachverhalten „die den gesetzlichen Beobachtungsauftrag betreffen“.

„Es ist nicht das erste Mal, dass der sogenannte Verfassungsschutz das Urheberrecht verletzt hat“, kommentiert Rechtsanwalt Werdermann. Schon 2014 hat das Landgericht Berlin entschieden, dass der Inlandsgeheimdienst Mecklenburg-Vorpommern nicht ohne Zustimmung des Urhebers ein Foto der Punkband Feine Sahne Fischfilet verwenden durfte.

Werdermann berichtet von einem weiteren Fall, in dem seine Kanzlei erfolgreich den Verfassungsschutz in Niedersachsen abgemahnt habe. „Der Inlandsgeheimdienst, der behauptet, die Verfassung zu schützen, ist offenbar nicht in der Lage, einfaches Urheberrecht einzuhalten“, sagt der Anwalt zu netzpolitik.org.

Radio Dreyeckland im Fokus

Es ist nicht das erste Mal, dass Sicherheitsbehörden das Radio Dreyeckland ins Visier nehmen. 2019 wurde ein Mitarbeiter am Rande eines Gipfelprotestes in Frankreich festgenommen, nachdem sein Name in einer deutschen „Störerdatei“ auftauchte. Die Weitergabe der Liste erfolgte mutmaßlich durch das das Bundeskriminalamt (BKA).

Auch bei der Razzia gegen die Open-Posting-Webseite Indymedia Linksunten und ihrer dabei erfolgten Abschaltung war das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg beteiligt. Die Beamt:innen im Ländle haben dazu eng mit dem Bundesamt und dem BKA zusammengearbeitet.

Die Anwältin der Betroffenen von „Linksunten“ glaubt, dass der Verfassungsschutz auch bei dem Vereinsverbotsverfahren tonangebend war. Dadurch werde das verfassungsrechtlich garantierte Trennungsgebot zwischen der Polizei und den Geheimdiensten verletzt. Sogar die Auswertung der erlangten Beweise sei dem Verfassungsschutz überlassen worden.

Geheimdienste mischen sich ein

Im Falle des geklauten Bildes von Radio Dreyeckland stören sich die Klient:innen nicht nur an der Urheberrechtsverletzung. „Noch skandalöser als die Urheberrechtsverletzung ist, dass der Geheimdienst meint, eine Art Blog betreiben zu müssen, auf dem er aktuelle politische Ereignisse kommentiert und grundrechtlich geschützte Versammlungen diskreditiert“, so Werdermann. Dies sei Aufgabe der freien Presse, die staatsfern sein müsse.

Auch der Hamburger Verfassungsschutz hat sich kürzlich in die politische Willensbildung eingemischt, wie etwa die taz berichtet. Einen Tag bevor „Hamburg enteignet“ eine Volksinitiative gestartet hat, warnte das dortige Landesamt vor der Gruppe. Der Geheimdienst kann damit die Aktivist:innen und ihre Initiative diskreditieren.

Vorbild der Hamburger Initiative ist das Berliner Volksbegehren zur Enteignung und Vergesellschaftung privater Wohnungsunternehmen. Mit 57,6 Prozent fiel die Abstimmung in Berlin zwar deutlich aus, der rot-rot-grüne Senat setzt das Votum allerdings nicht um.


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