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Vorratsdaten und Entschlüsselung: Rat für Justiz und Inneres will mehr Überwachung

Nancy Faeser soricht in Mikrofone, im Hintergrund Fahnen von EU-Mitgliedstaaten.
Die deutsche Innenministerin beim JI-Rat im März in Brüssel. Rat der EU

Morgen treffen sich die Justizminister:innen der EU zu ihrem regelmäßigen Treffen in Luxemburg, tags darauf folgen die Innenminister:innen. Zusammen bilden sie den Rat für Justiz und Inneres, auf dem die Mitgliedstaaten anstehende Gesetze beschließen oder politische Erklärungen abgeben.

Neben den Gesetzgebungsvorhaben wollen die Innenminister:innen am Freitag auch Schlussfolgerungen zur Terrorismusbekämpfung verabschieden. Unter dem Titel „Schutz der Europäer vor Terrorismus: Errungenschaften und nächste Schritte“ werden Maßnahmen in verschiedenen Bereichen angemahnt. Es gibt das Dokument mittlerweile in verschiedenen Ausführungen, die bislang sämtlich geheim sind. Die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch hat jedoch eine Version vom 11. April online gestellt.

Mehr Einbindung von Geheimdiensten

Zu den vorgeschlagenen Schritten gehören EU-weite Verbote und das Einfrieren der Vermögenswerte von „Einzelpersonen oder Organisationen, die Radikalisierung und gewalttätigen Extremismus fördern, der zu Terrorismus führen kann“. Ursprünglich sollte auch „Propaganda, die zu Terrorismus führt“ zu derartigen Maßnahmen führen können. Diese Formulierung ist aber aus der aktuellen Version, die von Statewatch veröffentlicht wurde, verschwunden.

In dem Entwurf der Schlussfolgerungen wird die Kommission außerdem aufgefordert „rechtliche Entwicklungen zu prüfen“, um eine gegenseitige Anerkennung von Einreiseverboten für terrorismusverdächtige Drittstaatsangehörige in allen EU-Ländern ermöglichen.

Ähnlich dem Visaverfahren könnten sich die nationalen Grenzbehörden vor dem Übertritt einer Außengrenze über die Gründe für die Verhängung eines Einreiseverbots austauschen. Hierzu kann es genügen, wenn die Betroffenen nach Einschätzung von Geheimdiensten „eine ernsthafte und begründete Bedrohung der nationalen Sicherheit und/oder der öffentlichen Ordnung darstellen“.

Allerdings hat die EU laut dem Vertrag über die Europäische Union keine Zuständigkeit für die Koordination von Geheimdiensten. Trotzdem findet sich in den Schlussfolgerungen eine weitere Passage zur Zusammenarbeit von Polizei und Diensten. Bereits in der Präambel wird auf die „für die Terrorismusbekämpfung zuständigen Behörden“ hingewiesen, die Informationen zur Bearbeitung von Asylanträgen liefern sollen. Vorgeschlagen wird ein „Dialog“ von „Einwanderungs-, Asyl- und Terrorismusbekämpfungsbehörden“ innerhalb der EU- und Schengen-Staaten.

Rundumschlag gegen Verschlüsselung

Die Schlussfolgerungen betonen die Notwendigkeit, die „Arbeiten zur Vorratsspeicherung von Daten, die zur Bekämpfung schwerer Straftaten erforderlich sind, voranzutreiben“. In der nun vorliegenden Version ist nur noch von „Verbindungsdaten“ die Rede. Die anlasslose Speicherung von Vorratsdaten ist also nicht komplett vom Tisch, sondern versucht die einschränkenden Urteile des Europäischen Gerichtshofs umzusetzen.

Schließlich holen die Innenminister:innen zu einem erneuten Rundumschlag gegen Verschlüsselung aus. Die geplanten Schlussfolgerungen fordern eine generelle Regelung zum „Zugang zu digitalen Informationen, einschließlich verschlüsselter Daten“. Dies sei für die Terrorismusbekämpfung „unerlässlich“.

Die Mitgliedstaaten werden deshalb aufgefordert, „den Austausch mit allen Beteiligten fortzusetzen, der für die Schaffung eines ausgewogenen Rahmens für den Zugang zu digitalen Daten erforderlich ist, sei es in Bezug auf die Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten, den Zugang zu verschlüsselten Inhalten oder die Auswirkungen neuer Technologien wie der künstlichen Intelligenz“.

„Fortschrittsbericht“ mit weitgehenden Forderungen

Für eine Aufforderung an die Kommission, einen solchen Gesetzesvorschlag auszuarbeiten, ist es derzeit noch zu früh. Sollte sich die geplante Chatkontrolle zum Aufspüren von Kinderpornografie in verschlüsselten Nachrichten durchsetzen, wäre dies aber wohl der nächste Schritt. Dann würden die Schlussfolgerungen, wie sie nun zur „Terrorismusbekämpfung“ verabschiedet werden sollen, als Begründung herangezogen.

Dabei dürfte es allerdings nicht bleiben, wie der vorletzte Woche vorgelegte „Fortschrittsbericht über die Umsetzung der Strategie der EU-Sicherheitsunion“ dokumentiert. In einem Anhang erneuert der Rat seine Forderung, den „rechtmäßigen und gezielten Zugang zu verschlüsselten Informationen“ sogar im Rahmen von allgemeinen strafrechtlichen Ermittlungen zu ermöglichen. Damit sollen die Kapazitäten von Strafverfolgungs- und Justizbehörden bei digitalen Ermittlungen verbessert werden.

Absehbar soll das Umgehen von Verschlüsselung also zuerst im Kampf gegen Kindesmissbrauch, anschließend zur Terrorismusbekämpfung und dann auch für die allgemeine Verfolgung von Straftaten ermöglicht werden. Damit wiederholt der Rat die Strategie, weitgehende Überwachungsmaßnahmen schrittweise einzuführen und dabei zuerst auf Themen zu setzen, die in der Bevölkerung auf Zustimmung stoßen. Hierzu sind die geplanten Schlussfolgerungen ein wichtiger Baustein.


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