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Protest: Bürgerrechtsorganisationen fordern komplette Rücknahme des Chatkontrolle-Gesetzes

Menschen protestieren gegen die Chatkontrolle vor dem Innenministerium
Mit einer Protestaktion machten Bürgerrechtler:innen am Mittwoch vor dem Innenministerium gegen die Chatkontrolle mobil. CC-BY 4.0 Till Rimmele

73 zivilgesellschaftliche Organisationen aus Europa und der ganzen Welt haben von der Europäischen Kommission die vollständige Rücknahme des Chatkontrolle-Gesetzes gefordert. Die Organisationen aus den Bereichen Menschenrechte, Medienfreiheit, Technologie und Demokratie im digitalen Zeitalter fordern stattdessen, dass die Kommission ein alternatives Gesetz zum Schutz gegen Kindesmissbrauch vorlegt, das mit den europäischen Grundrechten vereinbar sei.

Die bisherigen Pläne der EU-Kommission sehen vor, dass Handys und andere Endgeräte aus Anweisung der Behörden nach Darstellungen sexueller Gewalt durchsucht werden sollen. Geplant ist ein System der Kontrolle und Durchsuchung von Kommunikationsinhalten, bei dem die Inhalte auf den Geräten der Bürger:innen mit Datenbanken abgeglichen werden könnten.

Dagegen wehren sich die Bürgerrechtsorganisationen:

Die vorgesehenen Vorschriften würden Anbieter:innen sozialer Medien für die von ihren Nutzer:innen geteilten privaten Nachrichten haftbar machen. Das würde Plattformen dazu zwingen, riskante und fehleranfällige Techniken anzuwenden, um jederzeit Kontrolle darüber zu haben, was wir alle tippen und teilen. In der Folgenabschätzung, die dem Verordnungsvorschlag beigefügt ist, werden Unternehmen angehalten, Client-Side-Scanning einzusetzen, um ihre Nutzer:innen zu überwachen, wohl wissend, dass die Diensteanbieter:innen das aus Sicherheitsgründen skeptisch sehen. Die Verordnung wäre ein noch nie dagewesener Angriff auf das Recht auf private Kommunikation und die Unschuldsvermutung.

In einer Liste zeigen die Organisationen auf, welche konkreten Folgen die Gesetzgebung haben könnte. Sie gehen unter anderem davon aus, dass Whistleblower:innen nicht mehr sicher kommunizieren könnten oder dass jung aussehende Erwachsene beim Austausch intimer Fotos in den Fokus von Behörden geraten könnten. Derlei Falschmeldungen würden zudem die Strafverfolgungsbehörden überlasten. Gleichzeitig gäbe es durch das Gesetz keine sichere und private Kommunikation mehr, weder für Menschenrechtsanwälte, NGOs, Journalist:innen noch für Regierungsmitarbeiter selbst.

Zudem könne es nach Einführung der Chatkontrolle passieren, dass Regierungen auf der ganzen Welt Unternehmen gesetzlich dazu verpflichten, nach Beweisen für politische Opposition zu suchen, nach gewerkschaftlichen Zusammenschlüssen oder nach Menschen, die abtreiben lassen, wo Abtreibung kriminalisiert ist. Nach Meinung der zivilgesellschaftlichen Organisationen wären bereits entrechtete, verfolgte und marginalisierte Gruppen auf der ganzen Welt von den Bedrohungen der Chatkontrolle besonders betroffen.

Protest bei Innenministerin Nancy Faeser am 8. Juni. - CC-BY 4.0 Till Rimmele

Protest vor Nancy Faesers Ministerium

In Berlin gab es am heutigen Mittwoch wieder eine Protestaktion von der Initiative „Chatkontrolle stoppen“. Vor dem Bundesinnenministerium demonstrierte ein gutes Dutzend Menschen mit Schildern. Es ist die zweite Demonstration auf der Straße gegen das Vorhaben.

Auch auf der heute beginnenden Konferenz re:publica war die Chatkontrolle ein Thema. Markus Beckedahl, Gründer von netzpolitik.org, nannte das Projekt angelehnt an frühere bürgerrechtliche Auseinandersetzungen „Zensursula auf Steroiden“.

In der Europäischen Union deutet sich schon jetzt eine Ausweitung der Chatkontrolle an. In einem vorab geleakten Beschluss der europäischen Innenminister:innen fordern diese eine generelle Regelung zum „Zugang zu digitalen Informationen, einschließlich verschlüsselter Daten“


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