Ironie in Überschriften funktioniert nicht, das habe ich mal gelernt. Deshalb möchte ich am Anfang einmal kurz klarstellen, dass ich das „Danke“ ironisch meine. Ich bin Google nicht dankbar dafür, dass es bald einen direkt sichtbaren „Reject all“-Button zum einfachen Ablehnen aller Cookies geben soll. Dieser Button ist das Mindeste.
Wer bisher alle verzichtbaren Cookies ablehnen wollte, musste etwa bei Google oder YouTube folgenden Klickweg zurücklegen: Anpassen > Aus > Aus > Aus > Bestätigen. Fünf Klicks. Ich lege hiermit offen: Das habe ich jetzt erst für diesen Artikel ausprobiert. Zuvor habe ich das kein einziges Mal gemacht. Nie. Kein Mensch hat die Nerven dafür, und Google weiß das genau.
Kein Mensch außer diesem einen Kollegen bei netzpolitik.org, der mich nochmal extra darauf hingewiesen hat, dass er teils mehrmals täglich durch die Cookie-Banner-Hölle geht.
Der zwischenmenschlich absolut unzumutbare Klickweg zum Ablehnen der Cookies ist jedenfalls ein ausgestreckter Mittelfinger an Abermillionen Google-Nutzer:innen in Europa. Botschaft: Ihr wollt mehr Privatsphäre? Dann viel Spaß beim Klickweg durch unseren virtuellen Irrgarten, der euch immer wieder aufs Neue innerlich zermürbt, ihr Luschen.
Aber jetzt kommt der „Reject All“-Button. In Frankreich soll es ihn schon geben. Bald soll er in ganz Europa auftauchen.
Und zwar genau dort, wo der Blick zuerst hinfällt. Damit die meisten Leute ganz intuitiv immer alle Cookies ablehnen. Google ist da einfach nochmal in sich gegangen und hat erkannt, dass Datensammelei per Cookies ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Privatsphäre ist, und dass Überwachungskapitalismus der Gesellschaft mehr schadet als nutzt. – Na, habt ihr das kurz geglaubt? Sorry, das war schon wieder Ironie. Ich bringe damit meine über viele Jahre gereifte Frustration zum Ausdruck. Das nächste Mal markiere ich Ironie mit dem Clowns-Emoji 🤡, damit man sie sofort bemerkt.
Nein, leider ist der neue Reject-All-Button noch immer nicht dort, wo der Blick zuerst hinfällt. Nach wie vor bewegt sich die Maus zuerst intuitiv auf den „Accept All“-Button ganz unten rechts. Solche kleinen Designentscheidungen passieren mit voller Absicht und dienen dazu, die Klicks von Millionen Menschen zu lenken. Große Unternehmen loten in A-B-Testings aus, wie die Nutzer:innen mit ihren Websites interagieren.
Sackdreist durchgemogelt
Immerhin, der neue „Reject All“-Button befindet sich direkt links daneben. Sichtbarer denn je, so viel muss man eingestehen, und ein Klick genügt. Aber Google bewegt sich damit keinen Millimeter weiter, als es unbedingt muss. In der Pressemitteilung zum neuen Button heißt es zur Begründung, „Regulierungsbehörden“ hätten ihre „Leitlinien für die Einhaltung der Vorschriften“ aktualisiert.
Immer diese kleinkarierten, bürokratischen Finessen. 🤡
In Wahrheit hat sich Google jahrelang sackdreist durchgemogelt und den eigentlichen Sinn von Cookie-Bannern mit manipulativen Klickwegen untergraben. Das hat nichts mit unklar formulierten Leitlinien zu tun. Wer das Ablehnen von Cookies hinter fünf Klicks versteckt, handelt gezielt, mutwillig und gegen die Interessen von Menschen, die aus gutem Recht nicht von Cookies getrackt werden möchten.
Was Google wohl wirklich Dampf gemacht hat: Im Januar hat die französische Datenschutzbehörde CNIL eine dreistellige Millionenstrafe verhängt – 150 Millionen Euro – weil Google das Annehmen aller Cookies viel einfacher macht als das Ablehnen. Drei Monate Zeit hat die Behörde Google gegeben, um etwas zu ändern. Für jeden Tag Verzug hätte der Konzern 100.000 Euro Strafe zahlen müssen. Und siehe da, drei Monate später ist der Reject-All-Button da.
Tatsächlich erwähnt Google die französische CNIL ausdrücklich in der eigenen Pressemitteilung, schreibt allerdings von „spezifischen Anweisungen“ der Behörde. Ich vermute mal, die „spezifische Anweisung“ aus Frankreich bestand vor allem aus drei Worten: 150 Millionen Euro. Schade, dass es solche Strafen offenbar braucht, bis sich etwas bewegt. Ob ich glaube, dass nun auch alle anderen Websites dem Beispiel von Google freiwillig folgen und ihre hinterhältigen Cookie-Banner abschaffen? Nun: 🤡.
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