Ursprünglich sollten ab Februar Plattformen möglicherweise strafbare Inhalte an eine Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) melden, angesiedelt beim BKA. Bislang ist deswegen noch keine einzige Meldung von Anbietern bei der ZMI eingegangen, bestätigt das Bundeskriminalamt gegenüber netzpolitik.org.
Das kommt nicht überraschend: Zwar sieht eigentlich das Netzwerkdurchsetzungsgesetz vor, dass Anbieter wie Facebook oder Twitter entsprechende Inhalte samt IP-Adressen der Ersteller:innen an die Behörde weiterleiten. Doch dagegen wehrten sich unter anderem die Konzerne Meta und Google – und bekamen vor dem Verwaltungsgericht Köln vorerst in wichtigen Punkten Recht. Untätig sind die Mitarbeitenden der Meldestelle jedoch nicht, das Bundeskriminalamt setzt offenbar mittlerweile auf eine andere Strategie.
Man habe das Urteil zur Kenntnis genommen, so ein Pressesprecher der Polizeibehörde. Es würden „unabhängig vom Agieren der Telemediendiensteanbieter (TMDA) nunmehr bewährte dezentrale Meldestrukturen, die in den Ländern zur Bekämpfung von Hass und Hetze im Internet bereits bestehen, sukzessive beim BKA zentral zusammengeführt“, schreibt der Sprecher gegenüber netzpolitik.org. Das bedeutet: Anstatt von den Plattformen direkt Infos zu bekommen, werden im BKA gemeldete Inhalte zusammengeführt. Dabei fehlen jedoch Angaben wie IP-Adresse, mit der die Urheber:innen der Inhalte identifiziert werden sollten.
Das BKA setzt vorerst auf die Zusammenarbeit mit der hessischen Zentralstelle zur Bekämpfung der Internet- und Computerkriminalität sowie auf deren regionale Kooperationspartner aus den Aktionsprogrammen „Hessen gegen Hetze“ und „Keine Macht dem Hass“ sowie Meldungen der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW (ZAC Nordrhein-Westfalen) bei der Staatsanwaltschaft Köln mit deren regionalen Kooperationspartner aus der Initiative „Verfolgen statt nur löschen“.
Künftig würden auch Meldungen der Meldestelle „REspect!“ der Jugendstiftung im Demokratiezentrum Baden-Württemberg in die Arbeit einfließen. Bei Initiativen wie „REspect!“ können alle Inhalte melden. Die Betreiber:innen schreiben auf ihrer Seite, sie würden bei einem Verstoß gegen deutsches Recht die Löschung des gemeldeten Inhalts beantragen. „Verfasserinnen und Verfasser von Volksverhetzung werden konsequent angezeigt“, heißt es weiter.
Für die Zukunft sei „auch eine Ergänzung der Kooperation der ZMI im BKA um weitere Initiativen und zivilrechtliche Partner denkbar“, heißt es aus der Pressestelle des BKA. Konkrete Angaben, welche zivilgesellschaftlichen oder zivilrechtlichen Partner hier denkbar wären, machte das BKA nicht.
Wenig auskunftsfreudig
Keine Angaben macht das Bundeskriminalamt auch zu der Anzahl der Personen, die in der ZMI derzeit arbeiten und im Jahr 2022 noch besetzt werden sollen. Ende Januar berichtete der Spiegel, dass „bei Weitem nicht alle der 200 geplanten Stellen besetzt“ seien. Die Zentralstelle werde sukzessive auf- und ausgebaut, heißt es vage in der Antwort des BKA. Auch zu der Anzahl der bereits bearbeiteten Vorgänge oder aus diesen Vorgängen hervorgegangen Strafanzeigen will das BKA vorerst nichts sagen.
Sehr deutlich positioniert sich das BKA hingegen zu den Aufgaben der ZMI. Diese wird nicht selbst im Internet auf Streife gehen. Oder wie das BKA sagt: „In diesem Kontext erfolgen keine eigeninitiierten oder anlassunabhängigen Recherchen nach strafbaren Inhalten im Internet. Die ZMI im BKA prüft vielmehr eingehenden Meldungen auf deren strafrechtliche Relevanz sowie potentielle Gefährdungen.“ In den Fällen, in denen eine strafrechtliche Relevanz gegeben sei, sei es Aufgabe der ZMI, den Verursacher des gemeldeten Posts festzustellen, um den Vorgang im Erfolgsfall an die örtlich zuständige Strafverfolgungsbehörde, in der Regel das zuständige Landeskriminalamt, abgeben zu können.
„Möglichst medienbruchfrei“
Wie die Meldestelle technisch aufgebaut und wie die Abläufe gestaltet sind, wollte das BKA hingegen nicht verraten. „Grundsätzlich soll die Anlieferung der Meldungen über eine technische Schnittstelle erfolgen und die übermittelten Informationen in einem strukturierten und standardisierten Prozess den Mitarbeitenden in der ZMI möglichst medienbruchfrei zur Verfügung gestellt werden“, heißt es in der Antwort auf die Presseanfrage von netzpolitik.org. Dieser digitale Workflow solle die von den Mitarbeitenden zu treffenden Einschätzungen bestmöglich vorbereiten und unterstützen. Ob das schon umgesetzt ist, lässt sich aus der Antwort nicht herauslesen.
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