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Nachhaltigkeit: Erste Software mit Blauem Engel ausgezeichnet

Erster Präsident des Umweltbundesamtes, H. Freiherr von Lersner beklebt einen Container mit dem Umweltzeichen.
Die ersten Blaue Engel konnten noch öffentlichkeitswirksam aufgeklebt werden, der für Software wird stattdessen nur noch im Internet verlinkt. – Alle Rechte vorbehalten Fotograf unbekannt / Archiv RAL gGmbH

Der „Blaue Engel“ ist das älteste Umweltzeichen der Welt. Seit seiner Einführung 1978 bekamen zehntausende Produkte das Label, vom Papier bis hin zum Drucker. Und in Anbetracht des steigenden gesellschaftlichen Interesses am Thema Digitale Nachhaltigkeit ist es nur konsequent, dass das Umweltbundesamt in den letzten Jahren auch einen Blauen Engel für Ressourcen- und energieeffiziente Softwareprodukte entwickelt hat.

Software-Obsoleszenz und -effizienz messen

Ein Grundgedanke hinter dem neuen Umweltzeichen ist die Vermeidung von sogenannter Software-Obsoleszenz. Denn stetig steigender Energie- und Ressourcenverbrauch von Software führt oft dazu, dass eigentlich funktionstüchtige Hardware veraltet, weil sie die wachsenden Ansprüche der Software nicht länger erfüllen kann.

Der Blaue Engel für Software soll an dieser Stelle mehr Transparenz schaffen. Mit Hilfe einer festgelegten Methodik und einer wiederholbaren Versuchsanordnung wird der Energieverbrauch verschiedener Software zunächst bemessen und anschließend verglichen. Ausgezeichnet mit dem Siegel wird schließlich die Software, die unter Verwendung derselben Hardware die gleiche Funktion erfüllt wie andere Software, dabei aber weniger Energie verbraucht.

Konsumentinnen und Konsumenten und öffentliche Stellen können sich so für Software entscheiden, die besonders sparsam mit Hardwareressourcen und Energie umgeht. So soll langfristig der Energieverbrauch von Informations- und Kommunikationstechnik reduziert und die Ressourceneffizienz gesteigert werden. Bisher ist der Blaue Engel jedoch nur für Desktop-Programme anwendbar.

Das erste Umwelt-Siegel geht an Okular

Der von der Freie Software Gemeinschaft KDE entwickelte universale Dokumentenbetrachter Okular hat es geschafft und ist das erste Softwareprodukt, das sich mit dem neuen Umweltzeichen schmücken darf. Okular wurde vom Blauen Engel als „energieeffizient“ und „ressourcenschonend“ sowie für „transparente Schnittstellen“ ausgezeichnet und ist damit das erste öko-zertifizierte Computerprogramm weltweit.

Ein Screenshot des Dokumentenbetrachters Okular mit einem geöffneten Comic
Ein Screenshot von Okular - CC-BY-SA 4.0 Illustration von David Revoy

Wer ein GNU/Linux-System mit KDE-Umgebung verwendet, kennt das Programm als Standardbetrachter für PDF-Dokumente, Okular kann aber auch viele andere Formate visualisieren – darunter das EPub-Format für E-Books sowie zahlreiche Bild-Formate. Okular ist erhältlich auf Linux, Windows, Android und für die alternative Smartphone-Nutzeroberfläche Plasma Mobile.

Bei den Vergabekriterien des Blauen Engels spielt nicht nur der Stromverbrauch eine Rolle. Es fließen auch zahlreiche „weiche Kriterien“ in die Bewertung ein: zum Beispiel Abwärtskompatibilität, Nutzungsautonomie, Transparenz des Softwareproduktes, Modularität, aber auch Werbefreiheit. Diese Kriterien sind teilweise wesentliche Eigenschaften Freier Software. Und so liegt es nahe, dass die erste Software, die mit dem Blauen Engel ausgezeichnet wird, auch eine Freie Software ist.

Sofware-Obsoleszenz als Politikum in der EU

Welche Motivation und Erkenntnisse hinter dem Blauen Engel für Software stecken, haben Marina Köhn und Dr. Eva Kern auf dem 36. Chaos Communication Congress erklärt. Das Thema Software-Obsoleszenz bearbeitet derzeit auch die Free Software Foundation Europe. Die Initiative Upcycling Android soll darauf aufmerksam machen, dass Obsoleszenz nicht nur in der Effizienz eine Rolle spielt, sondern auch im langfristigen Support und der Verfügbarkeit der zum Betrieb von Hardware benötigten Software.

Das Zusammenspiel von Software, Hardware und Obsoleszenz wird in den kommenden Monaten vor allem auf europäischer Ebene eine gewichtige politische Rolle spielen. Dann wird die aktuell geltende Ökodesign-Richtlinie zur Umweltfreundlichen Gestaltung von Produkten im Zusammenspiel mehrerer Initiativen neu verhandelt, darunter beispielsweise die Initiative für Nachhaltige Produkte und die für Nachhaltige Gestaltung von Mobiltelefonen und Tablets.

Dazu erarbeitet die Europäische Kommission momentan mehrere Rechtsakte, die noch dieses Jahr den Ko-Gesetzgebern Parlament und Rat zur Verhandlung vorgelegt werden sollen. In diesen Verhandlungen werden wichtige Weichenstellungen bezüglich eines Rechts auf Reparatur, der Entwicklung von Kreislaufwirtschaft und der Langlebigkeit von Produkten innerhalb der EU gesetzt werden.

Offenlegung: Der Autor ist Programmmanager für Digitale Nachhaltigkeit & Kommunikation bei der Free Software Foundation Europe und leitet die Kampagne „Upcycling Android“.


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