Beim Abschluss eines neuen Handy-Vertrages den Überblick zu behalten, ist oft gar nicht so leicht. Zahlreiche unterschiedliche Tarife, Zusatz-Optionen für Datenvolumen oder Extras, Rabatte für junge Menschen oder Vertragswechsler:innen können den Vertragsabschluss zu einer komplexen Angelegenheit machen. Deshalb sollen Kund:innen vor der Unterschrift im Handy-Geschäft seit Ende 2021 eine Zusammenfassung bekommen, die über die wichtigsten Details des neuen Vertrages informiert. Eigentlich.
Ein Test der Verbraucherzentrale NRW zeigt nun, dass das neue Instrument in der Praxis noch nicht angekommen ist. Die Organisation führte in 198 Mobilfunkgeschäften in Nordrhein-Westfalen Stichproben mit Undercover-Einkäufen durch. Das Ergebnis ist ernüchternd: Nur in einem einzigen Geschäft legte das Verkaufspersonal den sogenannten Mystery-Shoppern von alleine die Vertragszusammenfassung vor.
In fünf weiteren Handy-Läden gab es die Übersicht über die Vertragsdetails zumindest auf Nachfrage. Zwölf Shops lehnten die Zusammenfassung selbst dann noch ab, als sie explizit danach gefragt wurden. In den anderen Shops wurde die Prüfer:innen mit Flyern, Prospekten, handschriftlichen Angeboten oder dem Ausdruck eines „persönlichen Angebots“ abgespeist.
Dies schränke die Möglichkeit für Kund:innen ein, sich umfassend zu informieren, kritisiert der Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, Wolfgang Schuldzinski. Eine Zusammenfassung des Vertrages gäbe es häufig erst nach dem Abschluss die Verbraucher:innen beziehungsweise dann, wenn sie „bereits den Stift für die Unterschrift zücken.“ Sie hätten somit keine Möglichkeit, verschiedene Tarife gegeneinander abzugleichen oder eine Nacht über das Angebot zu schlafen, so Schuldzinski.
Immer wieder Ärger mit krummen Vertriebsmethoden
Die neue Vorschrift zur schriftlichen Zusammenfassung der Vertragsdetails bei Abschluss in Mobilfunk-Geschäften stammt aus dem Telekommunikationsgesetz. Dieses wurde 2021 überarbeitet, unter anderem um die Position von Verbraucher:innen zu stärken. Denn immer wieder machen krumme Vertriebsmethoden auf dem Mobilfunkmarkt Schlagzeilen.
So etwa als im Jahr 2019 eine Vodafone-Vertriebspartnerin einer Katze einen Handy-Vertrag untergejubelt hat. Auf netzpolitik.org berichteten wir 2021 von reihenweisen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung, weil Kund:innen in o2-Shops bei Vertragsabschluss weitreichende Datenschutzeinwilligungen untergeschoben wurden.
Der Spiegel berichtete über noch massivere Datenschutzprobleme bei Vodafone. Tatsächlich kassiert der Konzern derzeit in mehreren EU-Ländern DSGVO-Bußgelder am laufenden Band. Auch in Deutschland ermittelt der Bundesdatenschutzbeauftragte nach eigener Auskunft sowohl gegen Vodafone als auch gegen Telefónica o2.
Telekom-AGB als Vertragszusammenfassung
Probleme mit den neuen Vorgaben zu Vertragsinfos scheinen alle großen Mobilfunkanbieter gleichermaßen zu betreffen. Laut Verbraucherzentrale NRW habe beispielsweise das Verkaufspersonal in einem Telekom-Shop versucht, den Kund:innen die 40-seitigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen als Vertragszusammenfassung zu verkaufen.
In einem Vodafone-Shop sollte die Testperson zunächst persönliche Daten preisgeben und den Vertrag unterschreiben, bevor sie die Details bekommt. In einem o2-Shop wurde den Mystery Shoppern gesagt, dass sie keine Sorge haben bräuchten, dass ihnen etwas Ungewolltes untergeschoben wird, weil der Vertrag erst mit der Unterschrift gültig würde. In einem Geschäft mit mehreren Anbietern hieß es, dass die Zusammenfassung nicht notwendig sei, weil die Details doch einfach zu merken wären.
In einem Telekom-Geschäft wiederum hieß es, dass Vertragszusammenfassungen „nur etwas für Verbraucherschützer“ seien. Die Verbraucherzentrale NRW sieht das anders. Sie hat gegen Vodafone, Telekom und Telefónica o2 nun Abmahnungen ausgesprochen und fordert die Unterlassung der rechtswidrigen Praxis.
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