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Automatisierte Anklage: China entwickelt „Staatsanwalt mit Künstlicher Intelligenz“

Shanghai Polizei
Ermittlungsbehörden könnten in China bald weitere digitale Unterstützung erhalten. (Symbolbild) – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / ZUMA Press

Chinesische Wissenschaftler:innen haben einen „Staatsanwalt mit Künstlicher Intelligenz“ entwickelt, berichtet die South China Morning Post. Die Software könne mit 97-prozentiger Zuverlässigkeit Anklage erheben und sei auf die Erkennung der acht gängigsten Straftaten in Shanghai spezialisiert.

Schon heute setzen chinesische Strafverfolger auf automatisierte Unterstützung, besonders verbreitet ist seit dem Jahr 2019 das sogenannte „System 206“. Dieses transkribiert unter anderem Vernehmungsprotokolle, digitalisiert Akten und soll widersprüchliche Beweise identifizieren. Selbstständige Entscheidungen trifft es allerdings bislang nicht.

Umfangreiches Trainingsmaterial

Das nun vorgestellte System wurde in Shanghai entwickelt und getestet, der größten Staatsanwaltschaft in China. Als Trainingsmaterial dienten mehr als 17.000 Fälle aus den Jahren 2015 bis 2020. Aus den von Menschen erstellen Akten könne das System anhand von 1.000 „Eigenschaften“ Verdächtigte bewerten, so die Zeitung.

Zu den gängigen Straftaten sollen Kreditkartenbetrug und Diebstahl, aber auch Widerstand gegen die Staatsgewalt und Störung der öffentlichen Ordnung zählen. Letzteres werde oft eingesetzt, um abweichende Meinungen zu ersticken, schreibt die Post. Ein Upgrade des Systems sei bereits in Vorbereitung. Dieses könne weitere Straftaten erkennen und mehrere Anklagen gegen einen einzelnen Verdächtigten erheben.

Ganz ohne Kritik dürfte eine Einführung des Systems jedoch nicht ablaufen. „Die Zuverlässigkeit von 97 Prozent klingt vielleicht hoch, von einer technologischen Warte aus gesehen, aber es wird immer das Risiko von Fehlern geben“, zitiert die Post einen ungenannten menschlichen Staatsanwalt aus Guangzhou. „Wer übernimmt dann in solchen Fällen die Verantwortung? Der Staatsanwalt, die Maschine oder die Entwickler des Algorithmus?“ Zudem könne das System nur auf vorhergegangene Fälle aufbauen und dementsprechend neue soziale Entwicklungen nicht berücksichtigen.

Globaler Wettlauf um Künstliche intelligenz

China hatte 2017 einen ambitionierten Entwicklungsplan rund um Künstliche Intelligenz vorgestellt, bis 2030 will das Land zum internationalen Spitzenreiter beim Einsatz der Technik werden. Seitdem geht es rasant voran: Bereits 2020 wurden in China die weltweit meisten wissenschaftlichen Arbeiten und Patente zu Künstlicher Intelligenz eingereicht, schreibt der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments.

Im Unterschied zu Europa müsse sich China hierbei keine großen Sorgen um Datenschutz und Privatsphäre machen, zudem helfe der riesige heimische Markt bei der Entwicklung. So ist Videoüberwachung mit Gesichtserkennung inzwischen Alltag geworden, seine Überwachungstechnik exportiert das Land zunehmend ins Ausland.

Als Labor für neuartige Repressionstechniken gilt die mehrheitlich muslimische Provinz Xinjiang. Dort verfolgt der chinesische Apparat die Volksgruppe der Uiguren unter anderem mit Videoüberwachung und künstlicher Intelligenz für Racial Profiling, auch Lügendetektoren mit Gefühlserkennung sind im Einsatz. Rund eine Million Uiguren sollen in sogenannten Umerziehungslagern sitzen, wo massive Menschenrechtsverletzungen und Zwangsarbeit an der Tagesordnung sind.

Kritik aus dem Ausland verbittet sich China: Nachdem sich die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock für einen härteren Kurs gegenüber autoritär regierten Staaten ausgesprochen hatte, mahnte China, die „chinesisch-deutschen Beziehungen objektiv und ganzheitlich“ zu betrachten. Kürzlich hatte Baerbock angekündigt, angesichts der Menschenrechtslage nicht zu den Olympischen Spielen in China zu reisen.


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