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Bundesverwaltungsgericht: Zwischen Aktenordner und E-Mail stehengeblieben

Aktenschublade

Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer Klage der Informationsfreiheitsorganisation FragdenStaat gegen das Bundesinnenministerium entschieden, dass staatliche Stellen Twitter-Direktnachrichten und Nachrichten aus ähnlichen Kanälen prinzipiell herausgeben müssen, wenn diese relevant seien. Gleichzeitig gab es den staatlichen Stellen einen Freifahrtschein mit auf den Weg: Diese können selbst einstufen, was eine „relevante Nachricht“ ist.

Das Gericht ordnet damit Direktnachrichten auf Twitter oder anderen sozialen Netzwerken nicht einmal als richtige Akten ein. Damit geht das Urteil an den Realitäten der modernen Kommunikation vorbei und ist irgendwo zwischen Aktenordner und E-Mail stehen geblieben. Richtiger wäre gewesen: Da wo Behörden kommunizieren, da müssen sie auch archivieren. Wer Facebook, Twitter oder WhatsApp für die offizielle Kommunikation nutzt, der muss auch sehen, wie er die Nachrichten „veraktet“ bekommt.

Höchst unbefriedigendes Urteil

Auch aus journalistischer Sicht ist das Urteil höchst unbefriedigend. Erstens ist es kaum zu überprüfen, nach welchen Kriterien ein Ministerium oder eine Behörde eine Direktnachricht als „relevant“ einstuft. Und selbst, wenn eine Behörde oder ein Ministerium die Einstufung richtig vornehmen würde, erschwert sie damit das Erkennen der Gesamtkommunikation. Denn bei Recherchen mit dem Mittel der Informationsfreiheit können kleine, irrelevant erscheinende Hinweise ein wichtiges Puzzlestück auf größere relevante Zusammenhänge sein. Manchmal ist es eine kurze geschriebene Zustimmung, ein kleiner Nebensatz  oder eine Mailadresse, die ganz neue Tore und Themen einer Recherche öffnet. Was später für die Öffentlichkeit relevant ist, sollten Ministerien nicht selbst bestimmen dürfen.

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes trägt also nicht zur Klärung der Situation bei, sondern erschwert es Journalist:innen und Zivilgesellschaft, behördliches Handeln transparent zu machen. Ganz im Gegenteil sind dadurch Kommunikationen auf Twitter oder WhatsApp deutlich geschützter als die behördliche Kommunikation per E-Mail. Warum es einen Unterschied machen soll, ob das Bundesinnenministerium nun per Mail oder Messenger kommuniziert, wird durch das Urteil nicht deutlich. So wird das Urteil zum Freifahrtschein, Kommunikationen und Direktnachrichten in sozialen Netzwerken zu vernebeln und vor der Öffentlichkeit zu verstecken. Es erweist der Transparenz von Regierungshandeln einen Bärendienst.


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