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Zero Rating: EuGH spricht Machtwort zu Netzneutralität

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) macht es Netzbetreibern deutlich schwerer, die Netzneutralität zu untergraben. In drei Urteilen untersagt ihnen das Gericht, bestimmte Arten von Datentransfers wie etwa Video-Streaming „auf Grundlage kommerzieller Erwägungen“ unterschiedlich zu behandeln. Konkret geht es um sogenannte Zero-Rating-Angebote der Telekom Deutschland (StreamOn) und Vodafone (Vodafone Pass), die dem EuGH zufolge gegen die EU-Verordnung zur Netzneutralität verstoßen.

Bei Zero-Rating-Paketen wird der Zugriff auf Partnerangebote nicht auf das monatliche Datenvolumen angerechnet. Netzbetreiber versuchen mit solchen kostenpflichtigen Zusatzoptionen, ihre Produkte attraktiver zu gestalten, indem sie etwa Youtube-Videos vom meist knappen Monatslimit ausnehmen. Damit behandeln sie jedoch den Datentransfer notwendigerweise unterschiedlich, zudem galten bei deutschen Netzbetreiber bislang einige zusätzliche Einschränkungen.

Kommerzielle Diskriminierung

Die Telekom Deutschland beschränkte für StreamOn-Kund:innen die Bandbreite für Videodienste auf maximal 1,7 Mbit/s, unabhängig davon, ob es sich um Videostreaming von Partnerdienste oder sonstigen Anbietern gehandelt hat. Bei Vodafone wiederum gelten die Zero-Rating-Optionen nur im Inland, Zugriffe aus dem europäischen Ausland auf die Dienste der Partner werden auf das Inklusivdatenvolumen des Basistarifs angerechnet. Zudem rechnet Vodafone den Datenverbrauch bei einer Nutzung über Hotspot („Tethering“) auf das im Tarif enthaltene Datenvolumen an.

All diese kommerziell motivierten Einschränkungen sind dem EuGH nach nicht mit der EU-Verordnung zur Netzneutralität vereinbar. In seiner Pressemitteilung weist der Gerichtshof darauf hin, dass bei einer Zero-Rating-Option „auf der Grundlage kommerzieller Erwägungen eine Unterscheidung innerhalb des Internetverkehrs vorgenommen wird, indem der Datenverkehr zu bestimmten Partneranwendungen nicht auf den Basistarif angerechnet wird“.

Eine solche Geschäftspraxis verstoße gegen die allgemeine, in der Netzneutralitäts-Verordnung aufgestellte Pflicht, den Verkehr ohne Diskriminierung oder Störung gleich zu behandeln. Da die Limitierung der Bandbreite sowie die Einschränkungen von Tethering oder Roaming nur zur Anwendung kämen, wenn die gegen die Verordnung über den Zugang zum offenen Internet verstoßende Zero-Rating-Option aktiviert wird, seien auch sie mit dem Unionsrecht unvereinbar.

Zukunft von Zero Rating in der Schwebe

„Der EuGH hat sich viel weitreichender geäußert, als wir erwartet haben“, sagt Lina Ehrig vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) in einer ersten Reaktion. Der VZBV habe Zero Rating immer als Verletzung der Netzneutralität gesehen. „Das ist ein gutes Urteil, das bestätigt, dass die Verordnung zur Netzneutralität genau das beabsichtigt hat: Nämlich dass aufgrund kommerzieller Erwägungen nicht diskriminiert werden darf“, so Ehrig.

Ob die betroffenen Netzbetreiber ihre Produkte anpassen, um sie mit den Urteilen vereinbar zu machen oder sie komplett abschaffen, bleibt derzeit unklar. Einige Klauseln waren ohnehin nicht mehr gültig. Nach mehreren Niederlagen vor deutschen Gerichten entschied sich etwa die Telekom, die Videoqualität nicht mehr weiter herabzusetzen. Sowohl Vodafone als auch Telekom prüfen derzeit noch die Entscheidung des EuGH.

Angestrengt hatten die langjährigen Gerichtsverfahren der VZBV und die Bundesnetzagentur. Schon im Vorjahr hatte der EuGH der Diskriminierung im Internet einen Riegel vorgeschoben. Damals untersagte das Gericht dem ungarischen Anbieter Telenor Magyarország, weiterhin unbegrenzten Zugriff auf Partnerdienste zu gewähren, selbst wenn das monatliche Datenvolumen aufgebraucht war.

Update, 13:30: Zitat von Lina Ehrig hinzugefügt.


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