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Vertuschte Skandale: Facebook ist einfach nicht zu trauen

Mark Zuckerberg im Élysée-Palast

Facebook weiß viel über sich selbst. Immer wieder untersuchen interne Teams das eigene soziale Netzwerk. Sie finden dabei heraus, dass eine Änderung des News Feeds die Nutzer:innen aggressiver statt gesünder macht. Sie wissen, dass Instagram viele junge Menschen und vor allem Mädchen schädigt. Und wider besseres Wissen nimmt das Unternehmen Prominente von den Moderationsregeln aus, die zuweilen ungehindert Rachepornos posten oder rassistisch hetzen.

Nach außen dringt aber oft nur etwas, wenn Mitarbeiter:innen die vertuschten Erkenntnisse an die Medien leaken – zuletzt an das Wall Street Journal, das jüngst in einer Artikelserie interne Facebook-Unterlagen veröffentlichte. Einmal mehr bestätigen die Enthüllungen, wie doppelzüngig das Unternehmen tickt. Selbst das Facebook Oversight Board, das dem Konzern bei schwierigen Moderationsentscheidungen helfen soll, fühlt sich hinters Licht geführt, weil es elementare Informationen oft erst aus der Presse erfährt.

Manipulierte Nutzer:innen

Facebook ist ein mächtiges, milliardenschweres Unternehmen, dem es einzig und allein darum geht, möglichst profitabel zu sein. Schlechte Nachrichten stören da nur. Auch aus dem News Feed der Nutzer:innen sollen sie tunlichst verschwinden. Wie die New York Times berichtet, läuft derzeit das Project Amplify in einer Testphase. Es soll Nutzer:innen Facebook-freundliche Inhalte in den Feed spülen und das angeschlagene Image aufpolieren.

Anstatt sich zu öffnen und transparenter zu werden, macht Facebook immer mehr die Luken dicht. So wurde etwa jüngst das Team des vom Unternehmen aufgekauften Analysedienstes Crowdtangle aufgelöst: Berichten zufolge hatten sich ranghohe Facebook-Manager:innen darüber geärgert, dass Journalist:innen und Wissenschaftler:innen mit Hilfe des Tools zeigen konnten, wie das soziale Netzwerk Verschwörungserzählungen und Hassrede verstärkt.

Zugleich drehte Facebook die Accounts unabhängiger Forscher:innen einer New Yorker Universität ab, die die Ausbreitung von Desinformation auf der Plattform untersucht hatten. Die deutsche Nichtregierungsorganisation AlgorithmWatch sah sich nach einer Klagedrohung von Facebook gezwungen, ein Forschungsprojekt zu Instagram zurückziehen. Und den verbliebenen Wissenschaftler:innen, die unabhängig die Funktionsweise des Netzwerks untersuchen sollten, lieferte Facebook fehlerhafte und unbrauchbare Daten.

Digitale-Dienste-Gesetz muss eingreifen

Vertrauen schafft man damit nicht. Auch nicht mit geschönten Statistiken, die belegen sollen, wie harmlos der Online-Dienst eigentlich ist. Schon ein erster, im August veröffentlichter Bericht warf viele Fragen auf. Beantwortet wurden sie kurze Zeit später: Facebook hatte die Zugriffszahlen für das erste Quartal nicht veröffentlicht, unter anderem, weil der am meisten gesehene Inhalt in diesem Zeitraum Desinformation rund um Corona-Impfstoffe verbreitete.

Wenn in Europa demnächst die Verhandlungen über den Digital Services Act beginnen, dann muss der Zugang für die Forschung zu den Daten sozialer Netzwerke rechtlich endlich abgesichert werden. Vor allem sollte die EU aber die Chance ergreifen, über den Vorschlag der Kommission hinauszugehen: Unternehmen sollte es etwa nicht möglich sein, mit fadenscheinigen Argumenten den Zugang zu verweigern.

So sollte eine neue EU-Institution darüber wachen, dass Forschungsteams nicht willkürlich ausgesperrt werden und zugleich dafür sorgen, dass es nicht erneut zu einem Cambridge-Analytica-ähnlichen Datenskandal kommt, fordert ein von zivilgesellschaftlichen Organisationen breit unterstützter Vorschlag. Zudem müssen auch Journalist:innen und andere zivilgesellschaftliche Gruppen stärker einbezogen werden. Sonst bleiben Facebook & Co. noch länger Blackboxen.


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