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Informationsfreiheit: „Österreich soll Tromsø-Konvention beitreten“

Pallas Athene

Österreich möchte nicht mehr das intransparenteste Land der EU sein, was den Zugang zu amtlichen Dokumenten angeht. Darum hat die schwarz-grüne Koalitionsregierung die Abschaffung des Amtsgeheimnisses versprochen und ein Informationsfreiheitsgesetz angekündigt. Während dieses noch auf sich warten lässt, fordern Abgeordnete im österreichischen Parlament, das Bekenntnis zur Transparenz auch völkerrechtlich zu untermauern. Österreich soll dafür der Tromsø-Konvention des Europarates beitreten, die seit einigen Monaten in Kraft ist.

Die Konvention schreibt erstmals den Zugang zu amtlichen Dokumenten völkerrechtlich fest, ihre Einhaltung durch die Vertragsstaaten kann vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingeklagt werden. Die Konvention, die nach der norwegischen Polarstadt Tromsø benannt ist, stärke die Legitimität der öffentlichen Verwaltung und festige das Vertrauen in sie, heißt es auf der Webseite des Europarats. Unterschrieben und ratifiziert haben die Konvention bislang nordeuropäische Staaten wie Schweden, Finnland und Norwegen sowie Länder aus Mittel- und Osteuropa. Die deutsche Bundesregierung hat eine Unterschrift abgelehnt, allerdings fordern die deutschen Grünen, diese bald nachzuholen.

Entwurf der Regierung als mangelhaft kritisiert

Der Text der Tromsø-Konvention lässt seinen Vertragsstaaten bei der Ausgestaltung des Informationszugangs viel Spielraum, legt aber Mindestanforderungen fest. Etwa enthält die Konvention eine Liste mit legitimen Ausnahmen zum Informationszugang und schreibt vor, dass Auskünfte grundsätzlich kostenfrei erfolgen sollen. Auch müsse es stets rasche und kostengünstige Einspruchsmöglichkeiten geben. Die Einhaltung der Konvention soll regelmäßig von unabhängigen Expert:innen überprüft werden. Der Transparenz-Aktivist Mathias Huter vom Forum Informationsfreiheit betont, ein Beitritt Österreichs zur Konvention wäre ein „wichtiges Signal der Regierungsparteien, dass europäische Mindeststandards endlich auch in Österreich umgesetzt werden“.

In Österreich sind Bemühungen für eine Abschaffung des Amtsgeheimnisses in der Vergangenheit mehrfach gescheitert, internationale Transparenz-NGOs halten die rechtlichen Bedingungen für den Informationszugang sogar für die schlechtesten der Welt. Angesichts des Ibiza-Skandals und anderer Korruptionsaffären drängen Vertreter der Zivilgesellschaft darauf, dass Österreich ein möglichst starkes Informationsfreiheitsgesetz beschließt und damit Korruption von Amtsträgern erschwert.

Der erste Entwurf für ein Gesetz, den die Regierung vorstellte, haben Expert:innen der internationalen NGO Access Info allerdings als mangelhaft bewertet. Zahlreiche Stellungnahmen zu dem Entwurf kritisierten breite Ausnahmen und lange Fristen für die Auskunftserteilung sowie fehlende Einspruchsmöglichkeit abseits von Gerichten. Auch netzpolitik.org hat gemeinsam mit FragdenStaat.de eine Stellungnahme an das österreichische Parlament abgegeben und darin etwa das Fehlen eines unabhängigen Informationsfreiheitsbeauftragten kritisiert.

„Selbstverständlich sollte Österreich der Konvention beitreten“

Die österreichische Regierung müsse ihre Hausaufgaben machen und endlich ein starkes Informationsfreiheitsgesetz schaffen, fordern Abgeordnete der Oppositionsparteien SPÖ und NEOS. Danach könnten weitere Maßnahmen für mehr Transparenz gesetzt werden, wie die Tromsø-Konvention. „Für mich stünde dem nichts im Wege“, sagte die sozialdemokratische Abgeordnete Selma Yildirim gegenüber netzpolitik.org. Auch Nikolaus Scherak von der liberalen Partei NEOS betont auf Anfrage: „Selbstverständlich sollte Österreich der Konvention beitreten.“

Die Regierung hält sich dazu offiziell bedeckt. Das Außenministerium erklärt auf eine Anfrage über FragdenStaat.at, da derzeit noch das Amtsgeheimnis gelte, „stellt sich die Frage einer Unterzeichnung und Ratifikation durch Österreich derzeit nicht“.

Auch die größere Regierungspartei, die konservative ÖVP, will sich zur Konvention nicht äußern. Die Vorsitzende des Justizausschusses im österreichischen Parlament, ÖVP-Abgeordnete Michaela Steinacker, erklärte sich für das Thema unzuständig. Sie verwies auf Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler von der ÖVP, doch deren Kabinett antwortete nicht auf unsere Anfrage.

Von kleineren Regierungspartner kommen hingegen zustimmende Signale. Die Grünen sehen es als positiv, dass die Konvention einheitliche und verpflichtende Standards für den Informationszugang verpflichtend vorschreibe und die Vertragsstaaten sich über Best-Practice-Modelle austauschen könnten. „Ein Beitritt ist deshalb in der Zukunft aus unserer Sicht jedenfalls von Interesse“, sagte die Abgeordnete und Justizsprecherin der Grünen, Agnes Prammer. Derzeit gelte die Aufmerksamkeit ihrer Partei aber der Abschaffung des Amtsgeheimnisses und der Einführung der Informationsfreiheit.

„Fehlende Transparenz in der Corona-Krise besonders deutlich“

Darum ist es zuletzt still geworden. Wann die Regierung dem Parlament ihren neuen Entwurf vorlegt, steht noch nicht fest. „Derzeit macht es nicht den Eindruck, als würde sich die Regierung bald auf einen Vorschlag zum neuen Informationsfreiheitsgesetz einigen“, kritisiert die SPÖ-Abgeordnete Yildirim. Dabei brauche Österreich Regierungstransparenz aus ihrer Sicht mehr denn je, „wie fehlende Nachvollziehbarkeit und Transparenz von Maßnahmen in der Corona-Krise besonders deutlich machen.“

Auch TransparenzaAktivist Huter erinnert die Koalition an ihre Versprechen. „Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen hat vor einem Jahr gesagt, Österreich solle in die Transparenz-Champions-League kommen. Derzeit sind wir europäisches Schlusslicht beim Bürgerrecht auf Zugang zu staatlicher Information.“


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