Ursprünglich wollte die Bundesregierung Anfang des Jahres 2022 mit der digitalen Veröffentlichung von Gesetzen starten. Doch das wird jetzt nichts. Wie die Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg (Linksfraktion) in einer Anfrage an die Bundesregierung herausfand, verzögert sich das Projekt nun erheblich.
Laut dem Bundesjustizministerium soll die erste Umsetzungsstufe des Projektes erst Anfang 2023 erreicht werden, für den vollständigen Abschluss des Vorhabens nennt die Regierung jetzt gar kein Datum mehr.
In der Antwort des Bundesjustizministeriums (PDF) wird die Verzögerung unter anderem damit begründet, dass das für die Verkündung zukünftig zuständige Bundesamt für Justiz darum gebeten habe, „den Test- und auch den Wirkbetrieb für die Verkündungsplattform weiter nach hinten zu schieben, da am Ende der Legislaturperiode absehbar eine erhebliche Belastungsspitze mit vielen und zum Teil eiligen Verkündungen zu bewältigen sein“ werde. Zudem erfordere das Projekt eine „komplexe Softwareentwicklung“.
Gesetze bislang mit Urheberrecht geschützt
Gesetze treten in Deutschland erst in Kraft, wenn sie im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Bisher waren Bundesgesetzblätter nur über die Website bgbl.de des Bundesanzeiger Verlags verfügbar. Der private Verlag in Besitz der DuMont Mediengruppe vertreibt die Gesetzblätter im Auftrag des Justizministeriums und verlangt für grundlegende Funktionen Gebühren: zum Beispiel das Kopieren von Textteilen, die Durchsuchbarkeit oder das Drucken von Gesetzblättern. Eine Weiterverwendung der Dokumente untersagt der Verlag mit Verweis auf das Urheberrecht.
Ein zivilgesellschaftliches Projekt mit dem Namen OffeneGesetze.de hat die digitalisierte Veröffentlichung der Gesetze schon im Jahr 2018 vorgemacht – um gegen den damaligen Zustand zu protestieren. Als Reaktion auf den Protest kündigte die damalige Justizministerin Katharina Barley (SPD) im Dezember 2018 an, dass die Gesetze in Zukunft auf einem eigenen Portal digital veröffentlicht würden. Dieses Projekt scheint sich nun auf den St. Nimmerleinstag zu verschieben.
„Beispiel für Dauerversagen“
Domscheit-Berg kritisierte gegenüber netzpolitik.org die Verzögerung: „Die Bundesregierung kann Verwaltungsdigitalisierung einfach nicht, das IT-Projekt eVerkündung ist ein weiteres Beispiel für ihr Dauerversagen.“ Den Bürger:innen einen kostenfreien und funktionalen digitalen Zugang zu neuen Gesetzen und Verordnungen bereitzustellen, „hat offenbar keinerlei Priorität“, so die Abgeordnete weiter.
Dabei sei eine kosten- und barrierefreie Bereitstellung des Bundesgesetzblattes durch die Zivilgesellschaft mit dem Projekt „Offene Gesetze“ schon längst umgesetzt. Erst der öffentliche Druck durch dieses Projekt, habe zur Ankündigung geführt, das Bundesgesetzblatt zu digitalisieren.
Arne Semsrott, der bei OffeneGesetze.de mitmacht, sagt: „Das ehrenamtlich betriebene Portal offenegesetze.de bietet die Bundesgesetzblätter jetzt seit fast drei Jahren offen und kostenlos an. Viele Bibliotheken, öffentliche Einrichtungen, Anwaltskanzleien und Nichtregierungsorganisationen nutzen den Dienst inzwischen, weil er einfacher zugänglich ist als staatliche Angebote. Dass der Staat es noch immer nicht hinbekommt, ein ähnliches Angebot zu schaffen, ist ein Armutszeugnis.“
Ungeachtet der eVerkündung hat die Bundesregierung im Juni 2021 ein einheitliches und nutzungsfreundliches Rechtsinformationsportal angekündigt, auf dem Gesetze, Verwaltungsvorschriften, Erlasse oder Daten zu öffentlichen Beschaffungen zentral bereitgestellt werden sollen.
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