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Studie: Öffentliche Plattformen für nachhaltige Mobilität

Bus fährt auf Landstraße

Mit dem Bus zum nächstgelegenen Bahnhof, mit der Regionalbahn in die Stadt und für die letzten Meter ins Büro noch schnell ein Fahrrad via Bikesharing ausleihen. So sieht der alltägliche Weg zum Arbeitsplatz für manche Berufstätigen aus. In den letzten Jahren sind viele Mobilitätsdienstleistungen entstanden, die den Menschen mobiler und das eigene Auto zukünftig fast überflüssig machen könnten. Gerade auf dem Land könnten Mobilitätsplattformen, die diese Angebote bündeln, einen großen Mehrwert bieten. Doch oft sammeln Anbieter*innen Daten über Nutzende, die letztlich in den Händen großer Konzerne landen. Die Forderung einer neuen Studie lautet daher: „Mobilitätsplattformen gehören in öffentliche Hand“.

Wie Kommunen mit öffentlichen Mobilitätsplattformen die sozial-ökologische Verkehrswende positiv beeinflussen können, zeigt eine neue Studie von Attac Deutschland und der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Insbesondere in ländlichen Regionen sollen Kommunen eigene, öffentliche Plattformen betreiben, um den ÖPNV attraktiver zu gestalten. „Die Studie beleuchtet, wie genau sie das tun und wie Plattformen hierfür ausgestaltet und politisch begleitet werden müssen: Datengeschützt und gemeinwohl- statt profitorientiert, partizipativ unter demokratischer Kontrolle, inklusiv und bedürfnisorientiert“, heißt es auf der Website von Attac. Der Fokus liege auf Bus und Bahn, hinzu kommen dezentrale Zubringerdienste, wo die ÖPNV-Anbindung unzureichend ist, heißt es in einer zugehörigen Pressemitteilung.

Private versus öffentliche Mobilitätsplattformen

Das Angebot an Mobilitätsdienstleistungen im Personennahverkehr habe sich in den letzten Jahren durch Dienste wie Carsharing, Bikesharing und E-Roller vervielfacht. Der öffentliche Zugang zu Autos, Fahrrädern und Co. hatte eine Individualisierung des öffentlichen Nahverkehrs zur Folge, aus denen auch digitale Mobilitätsdienste entstanden sind. In den letzten fünf Jahren hat sich eine zweite Generation von Mobilitätsplattformen entwickelt. Diese basieren auf dem sogenannten Mobility-as-a-Service-Ansatz – kurz MaaS. MaaS-Plattformen bündeln und vermitteln Sharing-Angebote und Fahrdienste über eine zentrale digitale Infrastruktur. Mittlerweile haben sowohl private Anbieter*innen als auch öffentliche Verkehrsunternehmen begonnen, Dienste externer Unternehmen in die eigenen Plattformen zu integrieren.

Eigentlich sollen diese Plattformen dabei helfen, die Verkehrsemissionen bis 2030 um 40 Prozent zu senken. Die Ausbreitung von privaten Plattformunternehmen gefährdet jedoch die klimagerechten Ziele der Verkehrswende. Private Mobilitätsdienste wie Google Maps, Moovit oder FreeNow haben weder das Gemeinwohl noch den Klimaschutz als primäres Ziel, sondern Profit und die Ausübung ihrer Marktmacht, so geht es aus dem Impulspapier der Initiator*innen hervor. Außerdem schaffen sie „neue prekäre Beschäftigungsverhältnisse und erhalten exklusiven Datenzugriff auf die Bewegungsprofile von Millionen Menschen“. Kommunen müssen daher selbst aktiv werden und öffentliche digitale Infrastrukturen schaffen, in denen Versorgungssicherheit, Sozialstandards, Transparenz und Daten- und Klimaschutz im Fokus stehen.

Datenschutzfreundlicher Plattform-Kommunalismus

Auf Basis von MaaS-Plattformen soll „ein erweitertes öffentliches Verkehrsnetz entstehen“, so die Studie. Zweck sei es, die Intermodalität so attraktiv zu machen, dass die Alternative zum Pkw besser wird, ergänzt Dominik Piétron, einer der Autor*innen der Studie, in der Pressekonferenz. Ziel sei es, mehrere MaaS-Plattformen gleichzeitig durch kommunale Verkehrsbetriebe aufzubauen und damit eine Art Plattform-Kommunalismus in der digitalen Infrastrukturpolitik zu schaffen. In der Studie erläutern die Autor*innen daher auch Gemeinwohl-Prinzipien, die beispielsweise datenschutzfreundliche und demokratische Standards schaffen sollen. Eine Maßnahme sei auch, frei zugängliche Software und Datentreuhänder – unabhängige Datenverwalter*innen – einzusetzen. Die Pressemitteilung der Initiator*innen zitiert Anastasia Blinzov von der Rosa-Luxemburg-Stiftung:

Um die informationelle Selbstbestimmung der Bürger*innen sicherzustellen, müssen die Mobilitätsdaten unabhängig und kollektiv durch demokratisch kontrollierte Datentreuhänder verwaltet werden. Nur gemeinwohlorientierte Anbieter dürfen Zugang erhalten.

Auch Risiken öffentlicher Mobilitätsplattformen und mögliche Lösungsansätze werden in der Studie beschrieben. So sollen Gefahren wie Rebound-Effekte, Überwachung und Diskriminierung und steigende Anbieterabhängigkeit durch gezielte Maßnahmen zumindest minimiert werden. Die Autor*innen führen auch einige Good-Practice-Beispiele an. Darunter ist beispielsweise die Stadt Bremen, die eine Sharing-Genehmigungspflicht und eine Sondernutzungserlaubnis für E-Scooter-Sharing eingeführt hat. Bisher unterlagen Sharing-Dienste nach aktueller Rechtsprechung einem sogenannten erlaubnisfreien Gemeingebrauch, der eine Sondernutzungserlaubnis nur unter bestimmten Umständen einräumt.

Mark Herterich von Attac Deutschland betont am Ende der Pressekonferenz, Ziel der Studie sei auch, regionale Verkehrswendegruppen und Verkehrsakteur*innen zusammenzubringen, um lokale Allianzen bilden zu können. Die Studie sei nicht dafür angelegt, um irgendwann in Schubladen zu verschwinden, sondern „soll auch Konsequenzen für Aktivismus und politische Arbeit haben.“


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