Die 2. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 8 neue Texte mit insgesamt 80.708 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.
Liebe Leser:innen,
diese Woche war eine Sternstunde des investigativen Journalismus. Die Kolleg:innen von Correctiv haben in einer aufsehenerregenden Recherche aufgedeckt, wie sich Funktionär:innen der AfD, aber auch Mitglieder der CDU, im Geheimen mit Neonazis getroffen haben, um einen Masterplan zur Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland zu schmieden. Ein Plan, wonach sogar Staatsbürger:innen deportiert werden sollen, wenn sie nicht dem rassistischen Bild eines „Deutschen“ entsprechen oder wenn sie vermeintlich falsche Überzeugungen haben. Diesen Plan sollten wir bezeichnen als das, was er ist: faschistisch.
Die AfD steht einer freien Gesellschaft komplett entgegen. Diese Partei will eine autoritäre, rassistische und völkische Gesellschaft, in der nicht alle Menschen gleich sind. Sie will unseren Nachbar:innen, Freund:innen und Familienmitgliedern an den Kragen. Sie ist eine Gefahr für uns alle und die Demokratie als Ganzes. Und diese Gefahr ist akut, weil die AfD in diesem Jahr bei den Europawahlen erfolgreich abschneiden und bei den Landtagswahlen im Osten stärkste Kraft werden könnte.
Ihr mögt Euch fragen, was das alles mit Netzpolitik zu tun hat? Es hat viel damit zu tun. Es betrifft alles, wofür wir als Medium und Community stehen: Eine offene und freie Gesellschaft, in der alle Menschen gleichberechtigt und in Würde leben können. Aktuell spielen digitale Themen für die AfD nur eine untergeordnete Rolle. Es gibt aber keinen Zweifel daran, dass ihre menschenfeindliche Unterdrückung auch digital stattfinden wird, sollte die Partei an die Macht kommen.
Wenn wir das verhindern wollen, dürfen wir nicht so weitermachen wie bisher. Die demokratische Mehrheitsgesellschaft muss endlich aus ihrem Biedermeier-Schlaf aufwachen, sich verbünden und aktiv werden. Wir müssen die AfD jetzt sofort und viel stärker als bisher politisch und gesellschaftlich bekämpfen. Und zwar gemeinsam – von konservativ über liberal bis zu grün und links.
Wir stehen zusammen auf der demokratischen Seite der Geschichte, auch wenn wir politisch sehr verschieden sind. Deswegen brauchen wir auch eine gemeinsame Erzählung, für die es sich zu kämpfen lohnt. Die Vision einer freien, offenen und pluralen Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die sich mutig der Klimakrise stellt, damit unsere Kinder friedlich, zuversichtlich und in materieller Sicherheit leben können.
Nach der Recherche wird jetzt viel darüber diskutiert, die AfD zu verbieten. So ein Verbotsverfahren dauert lange und wird kurzfristig nicht dazu führen, die Partei kleinzukriegen. Als Bürgerrechtler tue ich mich naturgemäß schwer mit Parteiverboten, die ein schwerwiegender Eingriff in die politische Willensbildung sind.
Trotzdem finde ich, dass ein AfD-Verbot jetzt geprüft werden muss. Bei allen Schwierigkeiten und Gefahren eines solchen Verfahrens: Es ist ein Werkzeug, das verfassungsrechtlich dafür vorgesehen ist, die Demokratie vor ihren Feinden zu schützen. Wäre ein solches Verfahren erfolgreich, würde die AfD verboten und zerschlagen, würden ihr die finanziellen Mittel entzogen und wäre ihre Arbeit auf allen Ebenen erschwert.
Wenn wir aber so halbgar weitermachen wie bisher, den Rechtsradikalen und Nazis in Talkshows eine Bühne bieten, ihre Themen rauf- und runterdiskutieren, ihnen nach dem Mund reden oder – wie Teile der CDU – zunehmend enger mit ihnen zusammenarbeiten und sogar mit Kooperationen liebäugeln, dann werden sie gewinnen und ihre Pläne durchsetzen.
Wir haben als eine der wenigen Redaktionen des Landes schon lange eine klare Haltung im Umgang mit der AfD: Wegen ihrer menschenverachtenden Politik kommen bei uns Vertreter:innen der Partei nicht zu Wort. Wir geben ihnen keine Bühne. Denn gegen Nazis und Rechtsradikale hilft nur strikte politische Abgrenzung: keine Zusammenarbeit, keinen Fußbreit zurückweichen, nur Gegnerschaft.
Nach der Correctiv-Recherche ist die Maske der AfD endgültig gefallen. Nie wieder ist jetzt – und zwar bevor die Lawine uns überrollt.
Ich wünsche Euch allen ein schönes Wochenende, spannende Diskussionen und neue Bündnisse
Markus Reuter
Öffentliches Geld – Öffentliches Gut!: Museum, öffne dich!
Am 1. Januar war Public Domain Day und damit wurden wieder zahlreiche Kunstwerke gemeinfrei nutzbar. An den übrigen 364 Tagen im Jahr sollten Museen mehr dafür tun, dass Kulturerbe für uns alle frei und digital zugänglich wird. Welche Rahmenbedingungen es dafür braucht, beschreibt Dominik Scholl. Von Dominik Scholl –
Artikel lesen
UN Cybercrime Convention: „Der Vertrag soll einen umfassenden Zugang zu Daten schaffen“
Mit der Cybercrime-Konvention will die UN künftig Computerkriminalität international ahnden. Eine anerkannte Definition, welche Straftaten darunterfallen, gibt es zwar nicht. Dennoch stellen Strafverfolger schon eine umfassende Überwachungswunschliste zusammen. Tanja Fachathaler berichtet von den UN-Verhandlungen. Von Constanze –
Artikel lesen
Google Search: Digitale Rasterfahndungen durch die US-Polizei
Bürgerrechtler:innen in den USA schlagen Alarm: US-Polizeien greifen bei Ermittlungen immer öfter auf Informationen aus Google-Suchdaten zurück. Dies untergrabe rechtsstaatliche Standards, denn betroffen sind auch Unbeteiligte. Von Zeynep Yirmibesoglu –
Artikel lesen
UN Cybercrime Convention: Wie der Traum eines autoritären Staates
Die Vereinten Nationen stehen kurz davor, eine Konvention über Cyberkriminalität zu verabschieden. Was auf den ersten Blick sinnvoll erscheint, ist tatsächlich ein Frontalangriff auf die Menschenrechte. Wird die Konvention in ihrer jetzigen Form beschlossen, könnten Regierungen damit ihre Bürgerinnen und Bürger engmaschig überwachen und unterdrücken. Von Gastbeitrag, Ian Tennant, Simon Ilse –
Artikel lesen
Überwachungsgesamtrechnung: Jetzt geht’s los
Das Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht hat jetzt die Aufgabe, eine Überwachungsgesamtrechnung zu erstellen. Doch die Zeit ist knapp, damit die Übersicht noch gesetzliche Spuren hinterlassen kann. Von Anna Biselli –
Artikel lesen
Hochwasser: Behördliche Informationen nicht erreichbar
In der aktuellen Hochwasser-Lage in Deutschland sind wichtige Informationen der Behörden für manche Menschen nur eingeschränkt oder gar nicht verfügbar – und fast niemand hat es mitbekommen. Dabei müssten wir eigentlich gewappnet sein. Ein Kommentar. Von Gastbeitrag, Casey Kreer –
Artikel lesen
Rolle rückwärts: Berlin beendet Transparenz über Funkzellenabfragen
Die Berliner Polizei führt jeden Tag Funkzellenabfragen durch und sammelt jedes Jahr 100 Millionen Datensätze. Piraten und Grüne haben dafür gesorgt, dass die Öffentlichkeit Statistiken erhält und einige Betroffene informiert werden. Linke und CDU haben beide Transparenz-Initiativen wieder abgeschafft. Von Andre Meister –
Artikel lesen
KI-Verordnung: Biometrische Massenüberwachung ohne Wenn und Aber?
Nachträgliche Änderungen bei der biometrischen Überwachung sorgen aktuell für Ärger bei EU-Abgeordneten, die bis zuletzt für eine Einschränkung gekämpft hatten. Wird das Gesetz in der nun vorliegenden Form verabschiedet, hätte dies dramatische Folgen. Von Chris Köver –
Artikel lesen
Die Arbeit von netzpolitik.org finanziert sich zu fast 100% aus den Spenden unserer Leser:innen.
Werde Teil dieser einzigartigen Community und unterstütze auch Du unseren gemeinwohlorientierten, werbe- und trackingfreien Journalismus jetzt mit einer Spende.
0 Commentaires